Mittwoch, 6. Juli 2016

Barfuß durch die Hölle - Kritik: The Human Condition Trilogy (1959 - 1961)

Barfuß durch die Hölle - 1.Teil (1959)

Kaji (Tatsuya Nakadai) ist seit jeher Pazifist. Seiner linksgerichteten Überzeugung folgend verurteilt er die Rolle Japans im zweiten Weltkrieg und ist von seinen humanistischen Idealen eingenommen. Daran soll auch seine Einberufung in ein Kriegsgefangegenlager in der Mandschurei nichts ändern. Der Originaltitel "No Greater Love" legt den Fokus folgerichtig auf die Beziehung zwischen Kaji und seine Frau Michiko, die durch die Kriegsverhätlnisse bald entzweit werden sollen. Und tatsächlich sind es die Szenen zwischen den beiden, die dem Auftakt der Human Condition Trilogie einen melancholischen Gegenpol zu den Gräueln im Lager verleihen. Kein Sadismus der Wärter kann deren innige Liebe brechen, sie jedoch allemal erschweren angesichts der unertragbaren Umstände, die in der vom japanischen Militär besetzten Region herrschen. Regisseur Masaki Kobayashi gelingen hier bereits einprägsame Bilder fern der üblichen Kriegsszenarien: Die völlig ausgemergelten Körper der chinesischen Gefangenen oder ein entmutigter Kaji, der trotz seines beispiellosen Einsatzes von denen verschmäht wird, denen er eigentlich helfen wollte, bleiben hängen. Der Krieg verdirbt nicht unbedingt den Charakter, lässt ihn sich allerdings auch nicht entfalten. 

                                                                   8/10

Barfuß durch die Hölle: Die Straße zur Ewigkeit

Nachdem er sich vergeblich für die Leben von chinesischen Gefangenen eingesetzt hat, muss Kaji nun doch seinen Militätdienst ableisten. Auch hier trifft er auf strikte Vorgesetzte, gegen die kein Ankommen möglich erscheint, hinzu kommen die Peinigungen der anderen Soldaten, unter denen schließlich der sanftmütige Obara zebrechen wird. Interessant ist hier vor allem die Nähe zu Kubrick: Während die menschenfeindliche Ausbilldung an seinen späteren "Full Metal Jacket" erinnert, ähneln die Grabenkämpfen denen in "Paths of Glory". Somit war Kubrick nicht nur Kenner der Trilogie, sondern auch ein Wegbereiter. Dies ist zwar letztlich vielleicht noch der konventionellste Teil der Reihe, jedoch ist die Zuschreibung "Antikriegsfilm" wesentlich angemessener als bei noch folgenden Epigonen. Am Ende ist Kaji tatsächlich gezwungen, jemanden zu töten. Seine naive Sichtweise ist nun endgültig von der Realität eingeholt worden. Was noch bleibt ist die Fahnenflucht.

                                                                 7/10

 Barfuß durch die Hölle: … und dann kam das Ende

Der Abschluss ist zugleich der intensivste Abschnitt von Kajis Reise. Ständig wechselnde Soldaten und Zivilisten an Kajis Seite (die zugleich für die Orientierungslosigkeit des Krieges stehen) begleiten ihn Richtung Süden, Richtung Michoko, die nun bezeichnenderweise gänzlich abwesend im Film ist. Selbst im Gefangenlagers der Russen kommt es zu keiner Dämonisierung der Kriegsgegner. Wie viele einseitigen Kriegsschinken könnten hiervon noch etwas lernen? Tatsächlich sind es sogar noch japanische Aufseher in den sowjetischen Lagern, die zu den verkommensten Figuren zählen. Betrachtet man die revisionistische Haltung der japanischen Gesellschaft, muss man das wirklich mutige Werk Kobayashis schlichtweg bewundern. Trotz der immensen Laufzeit von 580 Minuten entsteht kein Leerlauf, stattdessen sind bleiben die letzten Schritte der Hauptfigur in der endlosen Eiswüste noch schmerzhaft im Gedächtnis haften und werden auch nie wieder verloren gehen. Eine Erfahrung, die jeder Lobpreisung gerecht wird.

                                                                    9/10

Autor: DeDavid

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