Freitag, 6. Juni 2014

»Geld ist eine Hure, die niemals schläft« - Kritik: Wall Street 2: Geld schläft nicht (2010)


»Jemand hat mich erinnert, dass ich mal gesagt habe: Gier ist gut. Das scheint jetzt legal zu sein.« - Gordon Gekko ist also zurück und damit auch Michael Douglas, sein erster Auftritt erfolgt im bluesbrothersartigen Stil, doch das Fazit seiner Rückkehr ist ernüchternd, nicht nur für ihn, sondern auch für mich. Denn er ist einsam und ich bekomme diesen Film, er muss sich wieder aufbauen und ich muss meine Worte niederschreiben. Gelungen sind sie ja, die Hochglanzbilder der Skyline New Yorks, die voller Dynamik stecken und das eilende Stadtleben aufzeigen. Nur der weichgespülte Soundtrack arbeitet scheinbar strikt dagegen. Aber da strahlt und glänzt die Wirtschaft noch! Die Nachrichten sind stets präsent. Wenn Stone sich in seinem Aktienmarkt (für wirklich kurze Sekunden) verliert in all diesem Trubel von Zahlen, Werten und Daten, dann ist das wirklich spannend mit anzusehen. Die Börse als Jahrmarkt, voller Wirren, Einflüsse und Komplikationen und Maschinen, die immer mehr das Geschäft bestimmten und der Mensch, der damit in den Hintergrund rückt. Ist er überhaupt noch fähig dieses Geschäft zu verstehen? Stone führt diesen Prozess schließlich auch zur Finanzkrise, das was ihn ja zu einem zweiten »Wall Street«-Film im ungefähren veranlasste, welche er schon früh in seinem Werk mehrmals andeutet. Die Sicherheit, die schlartig zur Unsicherheit und Depression wechselt. Stone interessiert sich zeitweise auch mehr für die Menschen dahinter und die Auswirkungen von diesem Verlust, auch wenn das hier nur kleinbei abgehandelt wird, in Form von Jake´s Mentor (= Frank Langella), und er stilisiert seinen Gordon Gekko als Prediger und Prophet dieser Krise.



Wie Stone selbst meint, geht es in »Wall Street: Moner never sleeps« um drei verschiedene Generationen, die sich dem wirtschaftlichen Klima auf verschiedene Weise anpassen müssen oder angepasst haben. So zählen Shia Labeouf und Carey Mulligan zu der dritten Geneneration, Labeouf als Jungbroker Jake, der in dieser wirtschaftichen Welt aufwuchs, durch seine Mutter (zerzaust: Susan Sarandon). Er gehört zu einer neuen Generation, die idealistisch ist und ihre Kraft in neue Energien steckt. Dann die Budfoxgeneration der tonangebenden Broker, hier durch den arroganten Nimmersatt und Antagonisten Bretton James (kaltblütig: Josh Brolin) symbolisiert und die erste Generation, die sich zunehmend mit der Materie überfordert sieht (Langella & Sarandon). Einzig Gekko (=  Wolf im Schafspelz) scheint derjenige zu sein, der dieses komplexe Netz der Wirtschaft noch durchblicken kann. Die Welt ist eben schneller geworden, Stone´s Film genauso, wie erkennbar am Motorbike des Jungbrokers. Stone präsentiert die Wirtschaft aber auch als Geflecht aus Intrigen, Machtspielen, Konkurrenzkämpfen, Verschwörungen (in- und untereinander) und Racheschwüren. Die Börse als kleines Schlachtfeld, während der Krise mit fallenden Dominosteinen, die diese wirtschaftliche Apokalypse verkünden.



Da will man natürlich kleine technische Spielereien nicht missen, die dieses Haifischbecken und chaotische System umso schöner verdeutlichen, mit flotten Schnitten und Splitscreens, leider viel zu selten ist dies hier anzutreffen, viel zu angepasst scheint Stone geworden zu sein. Denn statt »Wall Street: Money never sleeps« einfach zu einem spannenden Wirtschaftskrimi zu machen, was er in Ansätzen ja ist, schustert er lieber ein sentimentales Familiendrama herum, einem Konflikt zwischen Vater (= Gekko) und Tochter, die sich von ihm entzweit hat und ihm misstraut. Er (= der Geläuterte; für den nicht mehr Geld, sondern Zeit das wichtigste Gut ist) bemüht sich um die Näherung, doch sie glaubt, dass der Schakal noch immer in ihm schlummert. Stone verfängt sich aber in seinem Familiendrama, nicht nur, dass es zum Teil ziemlich aufgesetzt ist, sondern es nimmt dem Film dabei einen immensen Teil seines Tempos (was der Film dringend notwendig hat), das liegt aber auch daran, dass Mulligan hier auch nur den einen einzigen Trauerblick zu beherrschen scheint. In Kombination mit einem tränenvergießenden Labeouf ist das übrigens mehr befremdlich, denn tragisch.



Diese ganze Familiengeschichte ist viel zu rührselig aufgebacken und zu tränenreich für meinen Geschmack umgesetzt, das trieft hier ja nur so davon. Es ist ja ein logischer Werdegang, dass Stone hier Gekko durchaus menschliche Komponenten miteinräumen möchte, um den Charakter weiterzuentwickeln. Manchmal scheint die alte Kraft in kurzen Momenten ja nochmal durch, zumeist sind es jene Momente, die ganz und gar dem spielfreudigen Michael Douglas gehören als Gorden Gekko (»Geld ist eine Hure, die niemals schläft«), mit Seitenhieben seinerseits, der das Unheil in den Spekulationen, der Fremdfinazierung und den Überschuldungen sieht, die allesamt in die Endstation Bankrott führen. Dagegen verblasst Labeouf im direkten Vergleich, wobei es ist nicht Labeouf ist, vielmehr ist es die zahme und fügsame Rolle des Jungbrokers, der neben dem großen, bösen Wolf wirkt wie ein Lamm. Interessant ist es ja, dass Labeoufs Charakter drei Mentoren und ihre drei verschiedenen Auffassungen der Börsenwirtschaft kennen lernt, leider bleibt auch dieser Aspekt eher an der Oberfläche behaftet. Ich will aber nicht leugnen, dass Stone´s Film dabei durchaus Unterhaltungswert (ja, dank Douglas) hat, besonders wenn es zum Spiel zwischen den Menschen wird. Aber wie genauso wie dieser Film endet, so absolut romantisch und bisslos, so ist er in großen Teilen auch insgesamt. Oliver, da war ich wirklich verärgert über dich.





5.0 / 10

Autor: Hoffman

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