Freitag, 21. August 2015

Short Cuts: Drei verschiedene Erscheinungsformen des Film Noir


Scarface (USA 1932)


Es ist ein rasanter Film, den Hawks hier gedreht hat, galant und zugleich tough, aber immer auch gewitzt geht Hawks hier ans Werk. Er gibt den Gangstern etwas charmantes, wenn sie sich in typischen Posen präsentieren: Wenn sich Paul Muni eine Zigarette anzündet, dann verleiht ihm das Lässigkeit und Eleganz, diesem zwielichtigen Typen, diesem Antihelden. Dabei inszeniert stets übersichtlich und klar. Hawks inszeniert Männer auch wie Männer, wie harte Hunde. Er definiert das Cop/Gangster-Verhältnis. Und immer ist da auch ein Augenzwinkern dabei, wenn er für Hawks typisch den Kampf der Geschlechter betont. Bemerkenswert ist, dass sein Film dahingehend manchmal fast etwas von einer Liebeskomödie hat, denn es wird durchaus spritzig (der debile Gangster, eine tragischkomische Figur, die erst durch den Tod ihre Aufgabe erfüllen kann) und anzüglich. Zunächst bleibt Hawks bei der Gewalt sehr dezent, zeigt nichts explizit, wird zunehmend expliziter, um im letzten Drittel wieder eher auf das Off zu setzen. Ein schöner Trick um Zeitverzug zu zeigen, ist auch, dass Hawks die Kalenderblätter durcharbeitet, untermalt von der Salve des Maschinengewehrs, was bedeutet, dass die Gewalt weitergeht. Er erzählt eine Aufstiegs- und Fallgeschichte. Hawks ikonisiert seine Hauptfigur, auch wenn er sie am Ende Scheitern lassen muss als Ratte in der Straße, während die Kamera dagegen noch einmal hoch hinaus will, zur Reklametafel "The World is yours", die jetzt so fern scheint. Der Ton dieses Films (dabei ist tatsächlich der Ton gemeint) ist aggressiv, laut, schillernd. Durch Lautstärke will Hawks den Zuschauer scheinbar packen. Das "X", das den Film ebenfalls durchzieht, das ist die Präsenz des Todes, der auf leisen Füßen naht oder bereits eingetreten ist. Es ist ein kraftvolles Symbol des Unheils. Eine Art Fatalismus zieht sich durch den Film.

8.0 / 10



Im Zeichen des Bösen (USA 1958)



Schon mit der virtuosen Plansequenz zu Beginn des Films, die von einer Explosion durchbrochen wird, legt Welles wieder vieles vor. Es zieht ihn in ein Kleinstadtkaff an der Grenze zwischen Amerika und Mexiko und auch die typischen Grenze zwischen Gut und Böse verschwimmen in diesem Film, werden sogar umgekehrt. Heston, der Protagonist, fühlt sich aber nicht wie ein Mexikaner an, er ist ein behaupteter Mexikaner, aber er fühlt sich auch an nicht wie ein Held an. Er spielt einen Saubermann, der aufräumen will, einen Idealist, aber sein Gesicht ist dagegen eckig und schroff. Welles, der Antagonist, ist aufgedunsen, schmierig, misstrauisch und dreckig wie der gesamte Film. Er trägt die Stimmung des Films in sich. Seine Figur hat sie verinnerlicht, stellt das, was in dem Film zu finden ist, exakt dar. Es wird Staub aufgewirbelt. Auch hier begeben sich Welles Figuren wieder auf die Suche nach der Wahrheit, zunächst in Hinsicht des vordergründigen Krimiplots, dessen Auflösung am Ende nur nebenbei erfolgt, aber die Vermutungen von Welles Figur bestätigt. Danach ist es die Suche nach der Wahrheit hinter den Figuren, was wirklich hinter Welles korrupten Charakter steckt. Ein Charakter, der alt geworden ist. Es ist dazu ein desillusionierender und rauer Film, akribisch inszeniert und expressiv in seiner Bildgestaltung gehalten, in dem sich Welles wieder einmal als Mittelpunkt seines Films inszeniert. Sein Film verwandelt sich in ein Intrigenspiel, das zum Großteil in tiefe Schatten gehüllt ist. Oft sind die Figuren eingeengt und verschlossen in Zimmern, die wie Kammern erscheinen. Welles Film, das ist natürlich auch immer noch ein düsterer Abgesang auf den Film noir, ein zwielichtiger Schlussakkord.


8.0 / 10




Die Lady aus dem Kino Shanghai (BRA 1988)



Ein durchaus ironischer brasilianischer Neo-Noir in schwüler Atmosphäre, ein ambitionierter Film, der sich als Hommage an den Film noir versteht und mit dessen Motiven experimentell spielt. Der Ausgang der Geschichte bildet das Kino in mehrfacher Hinsicht (am Ende erscheint der Film wegen dieses ganzen Hin und Her und seinen Schlussgag etwas halbgar). Dort sitzt ein Mann im Kino, er ist die erste Hälfte zu spät gekommen und sieht eine Frau in Rot, von der er fasziniert ist. Zu ihr setzt sich ein Mann, der ihr Vater sein könnte, ihr Ehemann. Es gibt große Neoreklameschilder, eine verführerische Femme Fatale, einen Unschuldigen, der seine Unschuld versucht zu beweisen. eine verzwickte Geschichte (bei der man sich fragt, wohin sie eigentlich gleich nochmal will?), Geheimnisse, knalligen Jazzsound, hier und da wird auf den Film noir verwiesen (im Fernsehen läuft Welles Lady of Shanghai oder im Kino ein Remake von Wilders Klassiker Frau ohne Gewissen) und einen Off-Kommentar des immerhin kantig, aber mir nicht unbedingt sympathischen Protagonisten, der stets andeutet, was geschehen wird und sich rechtfertigt. Jedoch sind die Figuren nur Schablonen, nur Abziehbildchen, was sie für mich unnahbar machte. Das gleiche gilt im gewissen Maße auch für den Film. Dazu entwickekt sich der Plot eher schläfrig, dennoch strahlt die Inszenierung Reiz aus und schafft es einen irrealen Touch in diesen Film zu bringen.


6.0 / 10



Autor: Hoffman 



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