Freitag, 23. Oktober 2015

Onkel Carpenter und die bösen Kinder - Kritik: Das Dorf der Verdammten (1995)





Vielleicht ist dies der Anfang vom Ende, wobei sich das Ende schon weitaus früher bemerkbar gemacht hatte, wenn wir ehrlich sind. Carpenter ist gefloppt, die großen Zeiten sind vorbei. Er ist angekommen in den 90er Jahren und hantiert hier nun mit einer B-Prominenz (Reeve, Alley, Hamill und Paré), die genauso wie Carpenter Vergessene und Vergangene sind. Aber auch wenn Carpenters Werk nur ein Remake (wie bereits »Memoirs of an Invisible Man«, 1992) ist, so bleibt er sich in mancher Hinsicht doch noch treu, die Kleinstadt (= sogar Küstenstadt!) behält er bei, so präferiert er zu Beginn auch die Isolation bis auf die vereinzelten Protagonisten sind die Straßen und Bilder leer und entmenschlicht, wie eine Geisterstadt aus dem Western entlehnt. Atmosphärische Bilder, die Carpenter im gesamten Film mehrmals, auch wenn es nur für kurze Sekunden ist, aufgreifen wird. Bis er im nächsten Moment die Menschenmasse präsentiert, ein idyllisches und friedliches Bild seiner Kleinstadt malt, dazu harmonische Gitarrenklänge, in der jeder jeden kennt. Lange lässt Carpenter aber nicht warten, bis sie flach liegen, scheinbar grundlos. Blackout. Seuche? Zone? Erwachen. Schwangerschaft! Dazwischen atmet Carpenter auch ein bisschen, aber weniger effizient, den Hauch von Romero oder Petersen ein.



Was tun? Die Kinder gebären! Dafür gibt´s schließlich auch Versorgung vom Staat, für die Männer ist der Antrieb die Gier, für die Frauen der Mutterinstinkt und für die Wissenschaftler (Kirstie Alley, die alle 5 Minuten ihre Zigarette braucht) der Wissensdrang, um der Lösung dieses Blackouts näherzukommen. Die Kinder tragen gemeinsame genetische Merkmale, haben alle weißes Haar und kleiden sich in biedere und graue Schuluniformen (welche direkt aus dem Original kopiert worden; die immense Zeitverschiebung zwischen den Filmen spielte wohl keine Rolle), verhalten sich wie Roboter, sind rational und kalt, ein Kollektiv, das keinen Individualismus zulässt und das mit ihren leuchtenden Augen Gedankenkontrolle betreibt. Seltsame Selbstmorde treten auf, das ist aber mehr trashig-albern gehandhabt als denn bedrohlich, dabei aber auch irgendwie unterhaltsam. Carpenter konzentriert sich ganz und gar auf das Vordergründige, andere Themen werden nur marginal, wenn überhaupt, berührt. Ausgelassene Themen, die durchaus Potenzial gehabt hätten, wie die Frage von Wissenschaft und Glaube (wie in seinem »Princess of Darkness«) oder der Kontakt von den Kuckuckskindern zu anderen Kindern (die es hier gar nicht gibt).



Da treten sofort willkürliche Fragen auf, die man sich noch nie zuvor gestellt hat, als Beispiel: Wieso explodieren alle Autos in Carpenters Film, wenn sie gegen irgendwas fahren? Und aus welchen Stoffen hat der Carpenter denn dieses putzige Alienvieh zusammengebastelt? Carpenters Werk ist ein ideenloser, konventionell vorgetragener und zahmer (siehe: die eigene Autopsie) Augenhokuspokus, mit austauschbaren und lieblosen, statt markanten Charakteren (einzig Christopher Reeve kann hier noch durch seinen schauspielerischen Einsatz herausstechen), die nicht mal so hinreichend charakterisiert werden, dass sie überhaupt eine Bedeutung für die Geschichte hätten, dazu ist er auch viel zu kurz geraten, was sowohl Vorteil als auch Nachteil des Ganzen ist. Wenigstens der Showdown mit Wettlauf gegen die Zeit macht anfällig. Denn sonst scheint der Stoff verbraucht und Carpenter verblasst. Doch geht auch von diesem Film für mich irgendein Reiz aus und in den apokalyptischen letzten Sätzen schimmert noch einmal der robuste Carpenter durch, mag es auch noch so kurz sein.



4.5 / 10


Autor: Hoffman 

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