Samstag, 24. März 2012

Klassiker der Extraklasse: Die Stunde des Wolfs


»Vor ein paar Jahren verschwand der Maler Johan Borg spurlos von seinem Zuhause auf der friesischen Insel Baltrum. Später überreichte mir seine Frau Alma Johans Tagebuch das sie zwischen den Unterlagen gefunden hatte. Dieses Tagebuch sowie Almas Aussagen sind Basis dieses Films« - Jene Worte sind kurzum gesagt das einfache Intro zu Ingmar Bergmans Film "Die Stunde des Wolfs" aus dem Jahre 1968. Dem für mich wichtigsten Bergman - wie ich immer glauben wollte, denn mit diesen Film tätigte ich damals den Einstieg in seine Filme und seine unheilvolle und faszinierende Welt. Es mag meinerseits bekannt sein, wenn nicht dann jetzt, dass gerade jene erste Werke, die ich von großen Regisseuren schaute stets seltsamerweise meine Favoriten unter deren Werken bilden, ob nun Bergman, ob Lynch, oder ob Fellini. Immer wieder aufs neue erwarte ich bisweilen insofern eine Zweitsichtung, so war es bei Bergmans "Die Stunde des Films" nicht anders, auch wenn hierbei eine kleine Ernüchterung erfolgte und doch will ich meine Liebe zu jenem Film keinesfalls abstreiten.


Drehen wir aber die Zeit nun zurück und überlegen wir oder besser gesagt erinnere ich mich noch mal was mich damals so an jenem Film von Bergman faszinierte. Ein wichtiger Punkt jenes perfekten Einstiegs bildete die Story, für mich in der Vergangenheit wie heute extrem faszinierend dargeboten, dass Bergman hierbei die Elementen des Horrorfilms, im Sinne einer unheimlichen Geistergeschichte mit Visionen eines Künstlers und dabei zeichnet Bergman auch ein einnehmendes Psychogramms eines Malers. Perfekter Stoff für mich. Das erkannte ich selbst bereits als ich damals noch in der Fernsehzeitung stöberte und man auf diesen Film verwies. Das weckte den Geschmack und so zeigt Bergman das langsame Abdriften des Malers Johan Borg in den Wahnsinn, hervorgerufen durch die ihn quälenden Visionen, immer wieder unerklärliche Halluzinationen. der Beginn eines Albtraums für ihn und seine Frau. Schmackhaft, tragisch und ersckreckend.


Insofern ist also »die Absolution« in Hinsicht des Themas gewählt und das mehr als passend. Aber wie man ahnen könnte gäbe es selbstredend auch weitere Attribute, die mich Bergmans Film so nah führten. Bedenke man erstmal, dass Bergman hier einerseits auf großen Spuren sich dem Surrealismus (immer gut!) widmet und es in seinen Vollen absolut lotet. Verzücken mag auch der Gedanke dabei, dass hier auch Parallelen zu dem Stile des späteren David Lynch zu erkennen sind. Ich, großer Fan des Mannes. Das begeistert, Bergman und Lynch-Touch. Interessant ist hierbei zudem der Aspekt, dass der Regiemeister sogar selbst behauptete, dass "Die Stunde des Wolfs" sogar zu seinen Lieblingsfilmen zähle und das ist im Nachhinein nur mehr als verständlich und insofern erkennt man schnell, wo Lynch seine Inspiration fand. Ein guter Gedanke. Guten Gewissens ist Bergmans Besetzung wie immer im Sinne des Stammcasts hervorragend gewählt, erstmal mit einem eindringlich und zugleich beileibe brillant agierenden Max von Sydow als Maler Johan, der von seinen Visionen geplagt wird, Auslöser mögen dafür vielleicht die eigenen Schatten der Vergangenheit sein, diese Rolle beförderte Sydow damals für mich in einen echten Hochstatus. Neben ihm mindestens genauso stark verkörpert Liv Ullman als dessen Frau Alma, der die Visionen ihres Mannes Angst bereiten. Zudem Ingrid Thulin in einer mehr als einprägenden Nebenrolle. Dazu noch Meister Bergman tiefschürfend in Hinsicht seines Psychogramms des verunsicherten und isoliert lebenden Künstlers, der sich durch jene Visionen immer weiter in einen Zog der Einsamkeit und Abgeschlossenheit gerät, was letztlich zur Konsequenz des Werkes führt. Man spürt Bergman steigert sich. Um den Zuschauer selbst das Entsetzen vor Augen zu führen, symbolische Elementefinden ihren Einsatz. Wie man den sehr geehrten Herr Bergman liebt so sind seine Elemente stets hintergründig gestaltet, Surrealismus zwischendrin in Perfektion und so analysiert man auch hier wieder präzise wie auch vielschichtig die Figuren, ein komplexes Unterfangen.


Dazu auch in Hinsicht der Kamera (geführt vom Virtuosen Nykvist) ein präziser Blick und stilsichere Führung, stets arbeitend Hand in Hand mit süßem surrealistisch-unheilvollen Sequenzen, mit einer nahezu verstörenden und unheimlichen Atmosphäre, welche wie des öfteren bei Bergman geprägt wird von einer (von mir jedenfalls so) aufgenommenen unfassbaren Intensität. Absolut berauschend und umwerfend. Außerdem möchte ich weiterhin betonen, dass Bergmans Film besonders im letzten Drittel für mich bei der erneuten Betrachtung fast sogar noch an Faszination zu nahm, mysteriös gefilmt und letztlich bricht Bergman hierbei mit allen Konventionen des Kinos, kunstvoll inszeniert.


Und auch wenn ich anfangs von Ernüchterung sprach, dies möge vielleicht tatsächlich letztlich nur teils stimmen, denn so überzeugt und beeindruckt "Die Stunde des Wolfs" doch absolut in Umsetzung und Gestaltung, vielleicht liegt es gerade in der Erinnerung, dass man doch spürt: Dies ist nicht die »filmische Absolution«, aber es ist verdammt nahe dran für mich. Abschließend möchte man doch nichts anderes tun als in die Welt hinauszuschreien: Bergman Forever! Auch wenn der Sinn dabei keine tragende Rolle spielen würde, man müsse nur den Kontext verstehen.



                                              9.0 / 10

Autor: Hoffman

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