Donnerstag, 7. November 2013

ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ - Kritik: Alphabet (2013)



Depressionen, Leistungsdruck, Burnout, Suizide unter chinesischen Schülern, die dem Bildungssystem nicht mehr standhalten, fehlender Idealismus, keine Kindheit, keine Visionen, keine Kreativität... Ja ja, die Welt ist ein böser Ort und jede Generation wird abgestumpfter als die vorherige.

Jeder, der mal ab und zu in die Zeitung schaut, im Internet surft, fernsieht oder Radio hört, wird schon mal mit dem Thema in Berührung gekommen sein. Da ist es wenig verwunderlich, dass nun auch eine Dokumentation dazu erschienen ist. "Alphabet" von Erwin Wagenhofer entpuppt sich allerdings als zweischneidiges Schwert. Natürlich ist das gut gemeint, wenn gezeigt wird, wie Kinder frei malen, ohne dass jemand etwas von ihnen erwartet, oder wenn man sieht, dass jemand mehrere Sprachen fließend spricht ohne jemals eine Schule besucht zu haben. Jedoch wirkt das alles irgendwie auch wie der unreflektierte und wütende Schlag auf den Stammtisch. Diesmal allerdings nicht vom Karl-Heinz mit der BILD in der Hand, sondern von irgendeinem weltverbessernden Akademiker, der am liebsten die ganze Menschheit umarmen will. Wie schön. Und, ja, in der Sache hat Wagenhofer recht: Ein rein auf Leistung und Wachstum begrenztes Bildungssystem ist falsch. Jedoch ist der Film gar nicht an einer Debatte oder Kontroverse, aus der der Zuschauer etwas mitnehmen könnte, was er auch nach dem Kinobesuch noch verarbeiten kann, interessiert. Es wirkt alles mehr wie eine Shockumentary, die fast nur Extremfälle beider Bildungsmöglichkeiten präsentiert. Man wird förmlich dazu aufgefordert, das aktuelle System zu verteufeln und blind in die Alternative zu vertrauen. Selbstverständlich werden hier und da Studien und Statistiken, die dies und das belegen sollen, eingereicht, aber da ist ein Churchill-Zitat angebracht: "Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe." Das ist einfach viel zu sehr schwarz-weiß, als dass das Ergebnis in irgendeiner Art und Weise zufriedenstellend wäre, da gegen Ende sogar zu einer Revolution aufgerufen wird.

Ja ja, trampeln wir alles Alte kaputt, nach Revolutionen sieht erfahrungsgemäß ja alles so viel besser aus. (räuspern) Mit der deutlich klügeren Idee, aus dem Wort "Revolution" mal das "R" zu streichen, lässt's sich halt weniger toll aufregen.

5.0/10

Autor: MacReady

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