Freitag, 11. Januar 2013

Da verbrennt man sich ja glatt die Finger! - Klassiker der Extraklasse: Manche mögen´s heiß





»I guess some like it hot. I personally prefer classical music.« - Sicher ist: Billy Wilder war einfach nicht unterzukriegen. Mit keinem seiner Filme. So mag es Herr Wilder hot, hot, hot. Und erreichte mit dieser Hitze wieder einmal mehr hierbei Kultstatus und bewies seinem Wagemut für die Situation. Der braucht nicht mal Anstrengung zur Definition, Wilder definiert von Hand und doch mit Geschick und so treibt ihn der Jazz, zu denen die es heiß mögen im Jahre 1959 und kreierte so dabei unaufhaltsam eine weitere Trophäe in seiner filmischen Karriere, sogar mit Marilyn Monroe an Bord und dem später ausführlich definierten Leitspruch: »Wie das Leben so spielt«. Das Folgewerk »The Apartement« sollte keine Zweifel daran lassen, die Freude am Leben wie an den Freuden von Wilders Filmen. Und selbst Wilder beruft sich auf filmische Nostalgie und reist zurück. Mit Jazz, Gangstern und dem Duo Jack Lemmon und Tony Curtis - ein gutaufgelegtes Gespann selbstredend. Man sieht, was man sehen soll: Die goldenen, späten Zwanziger. Man trimmt hoch auf Hommage und referiert somit wohl auch vermuteterweise Al Capone oder gar Howard Hawks samt »Scarface«. Die Prohibition, das organisierte Verbrechen regiert die Straßen. Auf Legenden wird hoch gesungen. Selbst dabei spart Wilder nicht mit kritischen Ansätze zur Gesellschaft.



So könnte man durchaus meinen Wilder reflektiere die Missstände der Gesellschaft auf das Gangstersyndikat und deren strukturellen Aufbau, bis zur Selbstzerfleischung und Anfeindungen der jeweiligen Parteien, durch Gier, Geld und Macht, auch hier äußerst Wilder andeutet kritisch. Feine und unterschwellig präsentierte Gesellschaftskritik. Dennoch lässt sich diese Hommage, zugleich Gesellschaftskritik am System, aber auch als Krimipersiflage und dessen Konventionen und Klischees lesen. So gibt es auch eine Referenz zum Film noir. Also wird hierbei das Gangsterfilmszenario sogar ins ad absurdum geführt. Mit Titeln, Verweisen, Anspielungen und immer noch Jazz. Vorneweg spinnt man die Dreiecksgeschichte mit dualem Wert von blutigen Schießereien, Chicagos. Der Schlüsselmoment wird zum Geniestreich. Wenn Männer suchen Unterkunft, die Frau wird finden. Kurzum: Beim Herrn Wilder wird gegendert und zur Frauenbekleidung gegriffen und Joe (gewitzt: Tony Curtis) wird Josephine, manchmal auch zu Junior, jedoch das hat andere Gründe und aus Jerry (schrullig: Jack Lemmon) Daphne? Und mittendrin Marilyn Monroe als purer »Sugar«. Ein Dreieck aus Casanova und naiver Blondie (Monroe mit Selbstironie) und dem Anderen (alias Jack Lemmon in Höchstform)




Und dann wird Wilders Cocktail (der auch kritisch den Alkoholkonsum beäugt) gemixt zwischen Gangsterfilm, Krimi, Komödie, Ironie, Genderei, Dramatik, hintersinniger Tragik, Interaktion und Stil - nicht minder großflächig ambitioniert, aber in jeder Tendenz ausgewogen präsentiert als perfektionistische Definition des Genres. Wilders mag es heiß. Hier herrscht Verbrennungsgefahr vor Leidenschaft. Und allerspätestens wenn Curtis, den höchst elitären Cary Grant-Verschnitt (nach Hawks) als Millionär gibt, um Monroe zu verführen, ist man erneut verliebt. Vielleicht in Curtis britischer Arroganz mit Akzent oder einfach nur in Wilders Film. Herrlich. Der natürlichen Harmonie mit Esprit und Elan, die den Bogen halten oder von der reflektierten Bandbreite zwischen frivol, frech und zugleich gewitzt und ironisch kommentiert wie auch zynisch so aber auch hintersinnig inszeniert - umwerfend-facettenreiche Unterhaltung mit feiner Dramaturgie, Tiefgang und eleganter Bildsprache und dem intelligenten Dialog als Ansporn und nuancierter Turbulenz. Wilder will es mal wieder wissen, referiert somit nicht nur die Filmgeschichte und begeistert, sondern revolutioniert subtil. Dabei widmet er sich abschließend doch so offenherzig und federleicht dem Thema der Homosexualität und beweist wieder einmal, die Definition ist seine in Hollywood. Eine Absolution der Komödie. Wie also könnte man Wilder dafür nicht lieben? Der letzte Satz ist demnach auch einer der treffsichersten  und ebenso cleveren Pointen von Wilders Film, die Wilders Größe nur noch deutlicher aufzeigt: »I’m a Man!’ – ‘Well, nobody’s perfect.«



9.0 / 10


Autor: Hoffman

2 Kommentare:

  1. Herrlicher Film. Endlich mal ein "Klassiker der Extraklasse", zu dem auch ich etwas sagen kann. ;)| Wie würdest "The Apartment" im direkten Vergleich einschätzen? Mag den persönlich nämlich fast schon ein bisschen mehr, einfach weil Lemmon eine unwiderstehliche Solo-Show abliefert.

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    1. Billy kann´s eben. :) | Das ist eine knifflige Frage. Ich würde wohl in diesem Fall eher zu »Some like it hot« greifen, besonders durch Curtis als dieser herrliche Grantverschnitt. Ich kann diese Szenen ehrlich gesagt nicht oft genug erwähnen. Oder auch dieser verspielte Umgang mit dem Genderthema.
      »The Apartment« schätze ich aber ebenso. Selbe Punktszahl. Da geht´s dann nur um Kleinigkeiten.
      Mein Lieblingswilder ist übrigens: Sunset Boulevard. Den würde ich noch ein Stück weit vor die beiden hier setzen.

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