Samstag, 27. April 2013

Tourneurs Zugfahrt für Frieden und Vereinigung - Klassiker der Extraklasse: Berlin-Express (1948)





Husch, Husch, husch die Eisenbahn, Jacques Tourneur und seine Protagonisten wollen (kurz nach dem zweiten Weltkrieg) mit dem Zug von Paris nach Berlin fahren (abgeleitet von einer Curt Siodmak Geschichte); was dazu führt sind erschossene Tauben, die für den gestörten und gebrochenen Frieden stehen und ein geheimer Zettel in deutscher Sprache, welcher in Paris gefunden wird. So rekrutiert und formiert Tourneur sein Team aus den vier Besatzungsmächten: Einem Amerikaner (Robert Ryan), einem Engländer, einem Russen und einem vermeintlichen Franzosen, belegt sind sie mit typischen Charakteristiken und bekannten Länderklischees, wobei sich Tourneur in dieser Hinsicht noch äußerst angenehm zurücknimmt. Weitere Gäste im Zug sind ebenso ein gewisser Dr. Bernhardt, der für das vereinigte Deutschland steht und sich für den Frieden einsetzt, und dessen französische Sekretärin. Dagegen hat jedoch ein Untergrund von Nationalsozialisten etwas, die diesen aus dem Weg schaffen oder gar entführen wollen. Auch ein Off-Kommentator führt und buchstabiert da zunächst durch die Geschichte, meist eher ungelenk und störend, der zudem als länderübergreifender Erklärer für den Zuschauer fungiert für all das (und vielleicht noch mehr), was Tourneur etwa nicht durch Bilder darstellen kann oder will. Zugegebenermaßen ist dieser aber auch hilfreich, wenn er einen in das zeitliche Bild und die Situation setzt, so erhält Tourneurs Film zeitweise fast den Wert eines Zeitdokuments, doch andererseits kommentiert dieser Erzähler auch zu viel, zu platt und hemmt gelegentlich die Entwicklung der Geschichte, er wirft einen raus. Gut ist es also, dass Tourneur diesen im Verlauf der Handlung auch deutlich zurücknimmt zu Gunsten der Entfaltung von Spannung.




Weiterhin kleidet Tourneur dieses politische Milieu in das Gewand eines Film noir, als Hinweis hierfür dienen Zigaretten und der dampfende Qualm der Eisenbahn, es sind trügerische Bilder, die Tourneur erschafft. Einen Zwischenstopp gibt es in Frankfurt am Main, der eigentliche Mittelpunkt der Geschichte, die Geisterstadt, in der Häuser zerbombt und die Bilder der Trümmer einprägsam haften bleiben werden. Dabei geht es Tourneur nicht nur um die Vereinigung Deutschlands, sondern auch um die Einheit der verschiedenen Mächte und Länder, eine übergreifende Freundschaft zwischen den Denkweisen, ein Kompromiss oder eine Einigung, er spricht sich für die Versöhnung aus, das aber in überaus schlichter und naiver Weise, dennoch unterhält dieses vage und doch zugleich kuriose Zusammentreffen, das manchmal auch etwas an eine Heldenzusammenkunft erinnert, die sich zusammenraufen müssen, um zu siegen, ein Suchen und Finden. So ist Tourneurs Films dieser Thematik auch sonst nicht ganz unähnlich mit Vertrauen und Verrat zwischen den Verbündeten. Das versprochene Berlin des Titels gibt es für die Protagonisten erst kurz vor Schluss (der Zug selbst schafft es nur bis zum Wannsee), so sieht man hier aber noch einmal eindrucksvoll die nahezu dokumentarischen Bilder der gefallenen Stadt, vom Hotel Adlon bis zum Reichtstag, bis sich unsere Protagonisten wieder im freundschaftlichen Beisammensein voneinander trennen.



6.0 / 10

Autor: Hoffman

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