Samstag, 14. Juli 2012

Die beschleunigten und gedrosselten Neo-Noir-Nächte von L.A. - Klassiker der Extraklasse: The Driver



»There isn't gonna be a next time. You were late.« - Manchmal muss man Orte zurückkehren, die einen meinen - die Vergangenheit, andere betiteln diese wiederum als Anfänge - kommt eh beides auf dasselbe raus - zurück zu den Beginnen, um sich der Moderne zu widmen. Um vielleicht deutlicher zu entlarven, Paralellen zu ziehen oder die Referenz beziehungsweise das Plagiat zu erkennen. So halte ich es zumindest. Wir wollen schließlich niemanden, wegen einer Kopie hoch anpreisen. Das wäre verächtlich. Und so kam ich mal wieder auf den glorreichen Einfall mir vor dem Werk »Drive« von Nicolas Winding Refn, dessen mir am verdächtig (in Hinsicht von Parallelen) wirkensten Referenzfilm »Driver« (ich denke meine Skepsis liegt offen ohne weitere Ausschweifungen) aus dem Jahre 1978 vom guten, alten Walter Hill anzusehen, der hierbei noch bei seinen Anfängen stand, um zu verstehen. Vergessen wir aber dabei auch für den Moment die Koexistenz von Refns »Drive«, anderswo wäre das plakativ meinerseits und verkrampft. Das fördert keinen Individualismus.





Wobei Hill selbst wiederum hierbei die Referenz nicht scheut, ob dies nun auf seinen Großmeister Sam Peckinpah zutreffen mag oder auf die Beeinflussung beim Franzosen (wie auch kühlem Gangsterfilmgott) Jean-Pierre Melville oder eben Peter Yates, dem Hill schließlich auch Jahre zuvor als Regieassistent diente bei »Bullitt« - Hills wahrscheinlich größtes Referenzwerk hierbei und immerhin schrieb er ja auch das Drehbuch zu Peckinpahs »Getaway« und nun läuft Hill selbst im eigenen Film zu Hochtouren auf.

Reduziert den Großteil - wie die simple Geschichte - und fokussiert sich auf eine dramaturgische Dreiecksgeschichte. Protagonist Nummer 1 der berüchtigte und wortkarge »Driver« (unterkühlt und faszinierend: Ryan O´Neal. Mit gerade mal mehr als ca. 300 Worten. Aber mit stoischer Mimik.), dann der kompromisslose Jäger in Form des »Detectives« (ehrgeizig-obsessiv: Bruce Dern), dessen Stunde des Angriffs schlägt und darauf das weibliche Mysterium. Eine Femme Fatale? Bezeichnet einfach als »Player« (erstmalig eiskalt: Isabelle Adjani), hat sie die Trümpfe in der Hand? Die Ambivalenz hierbei schlägt Wellen. Denn die Charakterisierung erfolgt nicht durch Namen, sondern durch Klassifizierung.

Anderswo funktioniert Hills »Driver« dank höchstem Minimalismus in Aufbereitung des Drehbuches, während technisch man zu Höchstformen aufläuft. Aber nüchtern zurück zur Referenz, die Walter Hill insofern auch beim Film noir sucht, woraus schließlich auch die dreiteilige Figurenkonstellation hierbei profitiert. Hill definiert die Geschichte auf seine Weise und beweist trotz vielseitiger Versatzstücke und Referenzen stets seinen eigenen Stil und detaillierte Individualität. Somit stets frisch in seiner Inszenierung und dabei setzt Hill auch die Referenz von »Bullitt« konsequent fort, lässt die Reifen quietschen und den Ölverbrauch drastisch steigen - während die Verfolgungsjagden per Auto sich  als Highlights von Hills Werk entpuppen - furios, rasant und stets flink inszeniert und mit dem perfektionistischen »Drive« im Getriebe.

Dazu förmlich anziehend in Szene gesetzt das Nachtleben von L.A., die kühle Atmosphäre und die fast schon irrationale Intensität unterstützten dies - und geschickte Schnitte -  das hat Stil. Insofern kreiert Hill gekonnt seinen eigenen Filmkosmos mit eigenen Regeln und hält sich insofern kaum mit Erklärungen auf und schon hier referiert er nebenher noch präzise das Westerngenre (»Some of the criminal types these days, they, eh, think that they're real cowboys. Think they can just, eh, drive around...do whatever they wanna do...whenever they wanna do it.«), nicht umsonst schon ein frühes Lieblingsmotiv seitens Hill. Jedoch suggeriert Hill trotz spektakulärer Sequenzen der Nacht hierbei auch eine gewisse Ruhe, was Hill damit heraufbeschwört lässt sich auch als existentielles Charakterdrama lesen wie auch als Projektion der Einsamkeit seines Protagonisten »Driver«, der durch seinen Beruf, in dem er den Adrenalin sucht, gezwungenermaßen sich isoliert von der Gesellschaft sieht - weder Freund noch Familie - in den tiefsten Sphären der Nacht: Allein. Mit Hill als abgeklärtem Profi auf dem Regiestuhl und so jeder Dialog auf den Punkt gebracht. Es wird viel reduziert wie minimalisiert und dies tätigt Hill in packender, kalter Manier.




Und definiert zugleich den Film als ein Spiel. Für wen die Stunde schlägt, entscheidet der Richter. Stets das wichtigste einer Zeitung? Der Sportteil als Reflexion des Lebens, die einen die »Winner« und die anderen die »Loser«, Grenzen verschwimmen - Wer der Jäger, wer der Gejagte? Wer Spieler und wer Ausgespielter? Mit Tricks - das ewige Spiel. Doch schreitet Hills Klassifizierung mit ausgeklügeltem Plot voran, während man auf das Nötigste dezimiert und zugleich die Melancholie der finsteren Straßen von L.A. durchfährt - Hill wart die Präzision seiner Arbeit - »The Driver« ein virtuoser wie auch bewundernswerter Neo-Noir. Nun letztlich heißt es doch wie immer: »The Winner takes it all.«



8.0 / 10

Autor: Hoffman

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