Freitag, 17. Januar 2014

Cronenberg goes Bildungsbürgertum - Kritik: Eine Dunkle Begierde (2011)


Mitfinanziert durch die Filmförderung Baden-Württemberg und directed by David Cronenberg... Vor einigen Jahren wäre man beim Aussprechen dieser Konstellation wohl selbst ein Fall für die Couch gewesen, doch der Irrsinn hat die Realität mal wieder eingeholt. Wie dem auch sei, Cronenberg beschäftigt sich hier erstmals mit einer - klingt schlimmer als es ist - historischen Begebenheit. Dies führt dazu, dass eine Wertung für "A Dangerous Method" (der deutsche Titel kastriert das Potential der Geschichte ziemlich) irgendwie recht schwierig ist, denn als David-Cronenberg-Film ist er regelrecht uninteressant, da der Film irgendwie so gar nicht wie ein Cronenberg wirkt. Man könnte meinen, es handle sich hier um irgendeine TV-Produktion von irgendeinem Regisseur. Schade! Und auch die Thematik der gegenseitigen Abhängigkeit zweier oder mehr Menschen wurde in "M. Butterfly" oder "Dead Ringers" viel, viel besser und origineller behandelt als hier. Aber dieser Film ist halt für ein Klientel bestimmt, dem man die früheren Werke Cronenbergs niemals zeigen könnte. Allerdings ist das Ergebnis nicht sonderlich schlimm, und weiß sogar zu gefallen. Die Diskussionen zwischen Freud und Jung sind dabei das Highlight des Films, da zumindest Freud als Besserwisser, der keine anderen Ansichten zulässt, entlarvt wird. Aber dass Freuds Ansichten mittlerweile nicht mehr zeitgemäß sind, ist ja auch irgendwie wieder Konsens. Mir persönlich hätte eine generelle Infragestellung der Psychoanalyse sehr zugesagt, denn der Film lässt gegen Ende fast nur den Schluss zu, dass Freuds Ansichten irgendwie nicht so ganz das Gelbe vom Ei sind, während Jung und sein Idealismus ziemlich gut, wenn nicht sogar zu gut wegkommen. Denn die Beziehung zwischen C.G. Jung und seiner Patientin Sabina Spielrein wirft zwar auch Fragen auf, wie weit das Verhältnis zwischen Patient und Analytiker gehen kann und dass es Gefahren mit sich bringt, doch der letzte finale Schritt, der sich wirklich traut, diese "dangerous Method" auch als solche zu bezeichnen, bleibt aus. Aber da hätte die Filmförderung Baden-Württemberg wohl den Geldhahn zugedreht, das SWR-Publikum braucht seine Schranken ja noch. Vielleicht ist Cronenberg demnächst ja mal im "Nachtcafé" zu Gast...

6.0/10

Autor: MacReady

1 Kommentar:

  1. Auf den Punkt - gibt meinem vagen Eindruck endlich eine Form, obwohl ich ihn besser bewertet habe. Aber besonders das mit dem Schluss stimmt und wenn ich ihn ein zweites Mal, im Englischen Original, gesehen habe (die Synchronisation war grausam, grausam, grausam), werde ich schlechter werten ...
    VG, Kamell

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