Mittwoch, 25. September 2013

Zombies, die Vampire sind? - Klassiker der Extraklasse: Last Man on Earth (1964)



»You're freaks! I'm a man! The last man...« - Wen es nun interessiert: George A. Romero ließ sich von diese Film hier zu seine Filmdebüt inspirieren oder um es mit anderen Worten zu sagen: Er fasste das Drehbuch von »Night of the Living Dead« als Rip-Off dieses Films. Die Vorlage »Ich bin Legende« von Richard Matheson wurde schon mehrfach interpretiert, wie zuletzt im Jahre 2007 als New-York-Endzeit-Blockbuster mit Will Smith in der Hauptrolle, nur damit auch jeder weiß, worum es hier so ungefähr geht. Was da gleich beim Startschuss erzeugt wird an einer Atmosphäre, ist kurz umschrieben, einfach verblüffend - auch wie sich wohl heutige Werke daran orientieren - diese absolute Apokalypse, die pure Einsamkeit, die Straßen sind verlassen und zerstört, es findet sich nur Tod und keine Spur von Leben, nur Verwesung.




Dann folgt der Perspektivenwechsel: Das Erwachen mit dem scheinbar letztem seiner Gattung: Robert Morgan. Erwachen, als wäre es normal, doch es ist nichts normal. Sein Routine: Das Leben in der Einsamkeit. Das Ziel heißt überleben. Es müssen Rationen angelegt werden, Nahrung ist kostbarer denn je. Jeder Schritt muss exakt bedacht werden. Morgan berichtet aus dem Voice-Off und zählt die verstrichenen Tage an Kalendern (= später auch bei Romero zu finden). Es ist einsames und eintöniges Leben, von Schutz und Lebensmittelbeschaffung zur Rationierung. Alles wird zum zum Überleben und gegen die Überreste des Todes verwendet, gegen die streifenden Vampire (= wohl eher aus heutiger Sicht eine Mischung aus Vampir und Zombie). Immer weiter näheren sie sich Tag für Tag seinem verbarrikadierten Haus. Töten und vernichten muss er sie, wenn er die Möglichkeit dazu hat bei Tag. Er muss sie reduzieren, dazu verbrennen. Vincent Price (= in seiner wahrscheinlich größten Charakterrolle) intensiviert sein bekanntes Schema des Vampirjägers auf feinfühlige Weise, schafft es ein differenziertes Bild seiner Figur darzustellen und agiert mit Tiefsinn. Insofern bin ich selbst froh, dass nicht wie geplant die Hammerstudios schon viel früher eine Verfilmung von Mathesons Roman umsetzten, da so der Gehalt der Figuren weniger im Vordergrund gestanden hätte als Grusel und Unterhaltung. Das hätte interessant werden können, doch ich bevorzuge das vorliegende Exemplar.


Interessant bleibt auch in filmhistorischer Hinsicht die Variation des Vampires, nun im Kollektiv. Im Grunde ist er (um wieder auf heutige Sehgewohnheiten zu kommen) nichts anderes als ein Zombie, weder einw Fledermaus noch sonstiges ist hier vorzufinden. Er meidet nur das Sonnenlicht und Knoblauch, hält sich bissfest in der Welt, scheint aber zwangsläufig vom Blut nicht abhängig zu sein. Dazu kommt noch ein entschleunigter Gang. Die Legendengestalt eines Murnaus wird demnach drastisch modernisiert und angepasst gegen ihr damaliges Rollenklischee (= der Herren Lee und Lugosi). Somit bleibt zweifelsfrei bestehen: Ein wichtiger Film und mit unverkennbaren Prägungen für Romero, besonders wenn statt Charakterfokus, kurzum doch noch die Dramatik um sich greift mit Schauder. Wenngleich ich zugeben muss, dass diese Variation des Vampires doch irgendwie aufgesetzt und banal wirkt, doch vielleicht enthüllt uns dies auch zugleich wie man selbst von den Seh-und Genregewohnheiten geprägt ist und wie abhängig man doch von diesem ist.




Obwohl selbstredend die Vampire eigentlich Mittel zum Zweck der Geschichte sind, denn wie gesagt viel mehr geht es doch um die Figur des Robert Morgan, wenn sein Gelächter sich in bittere Trauer wandelt, zeigt die (ausgedehnte) Rückblende schließlich wer er wirklich war. Ein Wissenschaftler mit Familie, ein Treusorgender, doch die Seuche schlug um sich (die Konsequenz lässt sich gesellschaftskritisch deuten, dies scheint dennoch nur der Vorlage geschuldet zu sein), verschonte niemanden. Nur er, er blieb übrig. Warum gerade er? Wieso ist er, der scheinbar als Einziger dagegen immun war. Ein Mensch, der Verluste erleiden musste und vieles verloren hat. Das könnte man als Klischee benennen, aber es ist ein Charakter im Zwiespalt und das gefällt mir. Ja, ein Mensch mit Fehlern. Das ist sympathisch, auch dank Prices humaner Verkörperung. Die Tötung wird für den Protagonisten zur Kompensierung seiner zerrissenen Gefühle. Jeder Kontakt scheint ihm heilig. Nahezu eifrig aufgelegt einen zu finden. Ein verzweifelter Mann, einer der versucht seiner Isolation zu entfliehen. Was passiert beim Kontakt? Das Blatt wendet sich: Der letzte Mensch wird zum Retter? Der Mensch, der jagte, wird nun zum Gejagten. Welch bittere Ironie des Schicksals: Es erinnert an Frankenstein: Er ist anders. Das Bild, das stimmt nicht mehr. Denn nun sind es nicht mehr die Kreaturen oder Monster, nein es ist der Mensch selbst, der zum Außenseiter geworden ist. Das ist eine kuriose und bitter-ironische Wendung.




7.5 / 10

Autor Hoffman

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