Freitag, 14. November 2014

Unter die Haut begibt man sich auf eigene Gefahr - Under the Skin (2013)





Der etwas andere Außenseiterfilm. 
Seltsam. Ein Film, in dem Scarlett Johansson, die ich noch nie sonderlich mochte, obwohl sie die Haare ruhig schwarz lassen könnte, die Hauptrolle spielt und der von einem Regisseur, der aus der Werbespotecke stammt, inszeniert wird, ist wahrscheinlich einer der inszenatorisch interessantesten Filme der letzten Jahre. Irgendwie geht es darum, dass auf dem Heimatplaneten von Laura (der Name steht zumindest in der Inhaltsangabe, im Film ist er mir nicht unter die Ohren gekommen) Fleisch von männlichen Menschen eine Delikatesse ist und sie deswegen als aufreizende Dame verkleidet durch Schottland fährt, Männer klarmacht und killt. Ja, das klingt nach Sexploitation wie aus den Siebzigern, ist es aber in keinster Weise. "Under the Skin" steht nämlich in der Tradition von Filmen wie Ridley Scotts "Alien", die rein auf die Story bezogen, eher B-Movies sind, doch durch die Inszenierung zu großen, bedeutenden Filmen, die auch Tiefgang zulassen, werden. Regisseur Glazer fängt beeindruckende Bilder ein, die den Geist unseres Zeitalters sehr gut wiedergeben. Intime Nahaufnahmen, die dennoch von Distanz, Kälte und Leere durchdrungen sind. Jeder sieht jeden, jeder weiß von jedem, doch keiner kennt keinen. Sinnbildlich dafür steht die Hauptfigur, die zu Beginn noch die verführerische Bestie in Menschengestalt gibt, doch mit zunehmender Spielzeit scheinbar ihren Auftrag zu hinterfragen beginnt und so etwas wie Interesse an dieser seltsamen Welt, die für den Durchschnittszuschauer eigentlich nicht seltsam sein sollte, aber, da er das Geschehen auf Augenhöhe mit Laura verfolgt und er der eigenwilligen Bildsprache des Films ausgeliefert ist, doch sehr seltsam erscheint. 
Dabei bezieht sich der Titel des Films nicht nur auf die Haut, die sich die Hauptfigur übergezogen hat, sondern auch auf die Welt, die ja eigentlich auch unsere Welt ist, in der sich Laura wiederfindet. Gibt es hier auch etwas unter der Oberfläche? Schwer zu sagen, da die meisten Menschen in diesem Film, denen Laura begegnet, nicht sehr viele Interessen abgesehen von Ficken, Fressen, Fernsehen zu haben scheinen. Zugegeben, diese Art von Menschheits- bzw. Gesellschaftskritik ist schon etwas abgegriffen, doch auch hier findet eben vieles über die Inszenierung und die originellen Einfälle von Regie und Drehbuch statt. Wenn Laura einen entstellten "Elefantenmenschen" ganz unbefangen frägt, ob er Freunde hat oder in einer Beziehung ist, und dieser natürlich beides verneint, frägt man sich schon, ob es denn in unserer Welt nur um Äußerlichkeiten - und damit auch viel zu oft um Oberflächlichkeiten - geht. Begleitet wird all das noch von einer hervorragenden musikalischen Untermalung, die das Geschehen in einer eigenen Sprache kommentiert und der Geschichte eine besonders trostlose Note verleiht. Letzten Endes scheitern Lauras Annäherungsversuche nämlich an mangelndem Vertrauen - auf beiden Seiten.




8.0 / 10



Autor: MacReady

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