Samstag, 20. Oktober 2012

Über die Ungoutierbarkeit einer penetranten Huldigung - Kritik: Cabin Fever



»Also, wofür wird der Fuchsurin gebraucht?«- » Oh, der ist für Füchse.«-  »Und wofür ist das Gewehr?« - »Oh, das ist für Nigger.« - Wenn man es so überdenkt, bin ich letztlich eigentlich ziemlich überrascht, inwieweit doch Eli Roths Erstling (das waren noch Zeiten vor dem Machwerk »Hostel«) sich an den Kassen erfolgreich zeigte - statistisch und kommerziell der gewinnbringendste Horrorfilm des Jahres 2003 - »Cabin Fever«. Sogar wenn man es technisch aus so mancher Kritikerseite betrachtet fand Roths wahrscheinlich (auch wiederum) polarisierender Film Anklang - als Beispiel beim alten »Braindeader« Peter Jackson. Als unterschätzt wird er auch noch betitelt, dieser Roth. Warum das wohl? Die Idee dahinter plausibel: Ein Film von Eli Roth, den ein Mensch wie Peter Jackson lobt kann nicht so schlecht sein. Auch wenn Jackson auch auf infektiösen und spezialisierten Horror-Tobak steht. Aber ich bin ja offen für alles, auch wenn hiervor Roth bereits fast den Rang meines Hassregisseurs eingestanden hätte, doch so unterprivilegiert oder fragwürdig wie sein späteres Schaffen (ich berufe mich hier einzig auf: Hostel) ist sein Debüt noch lange nicht. Gott seis gedankt.



Kein Klischee der unterbelichtetet Studentengruppe ist Roth dabei zuwider, um nicht doch in seinem Film Einzug zu gewinnen. Ein tobendes Inferno an dreister, unsympathischer und penetranter Ausschöpfung von fehlender Intelligenz. Ja, Eli Roth kennt die Genreklischees sichtlich auswendig und liefert sie einem hierbei nochmal mit aller roher Gewalt an Idiotie und ja es mag inflationär klingen, aber das Ableben so manchen dieser Protagonisten hatte ich schon von Beginn an zutiefst gewünscht. Es scheint mir so als wolle Roth in dieser Hinsicht nur allzu deutlich dabei seine Genrevorfahren übertreffen. Man kann es schließlich auch übertreiben mit seinen toll-dreisten, sexuell erhitzten und pubertären Stereotypen. Mit welchen Roth ja auch andererseits einem seinem für mich nervigen Humor schon fast aufdrängen will.


Jedoch ist Roths Sachkenntnis des Genres beileibe beachtlich zu bestaunen. Unzählige Genrereferenzen tummeln sich bei seinem Werk um die Grundidee eines fleischfressenden Bakteriums, wovon sich Roth selbst von einer Krankheit seiner Kindertagen dazu inspirieren ließ - so kommt doch »Cabin Fever« auch teils vergnüglich daher, wenn Roth das frohe Lagerfeuer-Legendenspiel anstimmt und düstere Legenden darunter verbreitet, dass dieser Tage schon fast an einen bestimmten Jason und seinen Freitag den 13. erinnern mag. Oder Carpenter, wie man es nimmt. So findet man als Hintergrund das Motiv der Abgeschiedenheit und Isolation. Das mochte der John ja schon immer, auch Roths Film mutet als Hommage an. Ok, diese Referenz zu Carpenter ist banal. Das Setting der Isolation geschickt gewählt und als Referenz zum lieben Wes Craven und seinem »Last House on the Left« oder auch alternativ gesehen »Deliverance«, mit Prinzip des beim Sterben ist jeder Erste oder beim infizieren - faszinierend. Und dabei zeigt sich die Kameraführung doch sogar äußerst bedächtig und gelungen, stärkt die Waldkulisse oder noch interessanter die stimmige Waldhütte und diese unheilvolle Stimmung, die Roth suggeriert. Zwischendrin wird auch öfters an Tope Hooper und sein »Texas Chainsaw Massacre«  wie auch (wahrscheinlich mit am deutlichsten) an Sam Raimis »Tanz der Teufel« erinnert.


Hier fliegen die Genreversatzstücke herum, dass diese heiter-debile Referenzenshow doch auch ihre interessanten Ansätze hat, ein Hauch von Roth gewöhnungsbedürftiger Originalität schwingt ja auch mit. Er variiert ganz nett. Immerhin sogar Elemente von Angelo Badalmenti finden hierbei Einzug. Jedoch bei all seiner fast schon nerdig anmutenen Kenntnis des Genres wirken Roths Mittel der Umsetzung, wie sein bemüht-ironischer - gar nerviger - Humor, eher hemmend. Nennen wir es einfach niveaulos. Stets betont er die Idotie seiner Charaktere - es gibt gelungene Momente und Pointen, die entweichem einem des öfteren, da man gedanklich immer noch an so manch plumpen Stilmittel und dem vermehrt geschmacklosen Humor seitens Roth pendelt. Zumindest folgt Roth mit seinem rabiaten Regiestil zumindest den Vorbildern seitens Cravens oder grotesk gesehen auch Raimi, wobei diese hingegen auch Feingefühl dabei bewiesen, was bei Roth nun völlig abgeht.



Zusammengefasst könnte man Roths Referenzen wohl auch am meisten in den 70er/80er Jahren großflächig auch beim ursprünglichen Terrorkino suchen, so wird aber - welch Überraschung - auf Meister und Gott George A. Romero verwiesen wie auch seiner »Night of the Living Dead«.  Hierbei dient der Infizierte als Synonym des Zombies als Außenseiter - hier kann man auch wiederum durchaus Schlüsse zu Roths Kindheit ziehen, obgleich ich hoffe Roth habe dies ohne gesellschaftskritische Tendenzen angelegt, denn die sind bei Roth bekanntlich, wenn vorhanden, mehr als fraglich formuliert. Bei Romero und Lagerfeuern werde ich immer schwach, sogar der Abschluss ist irgendwie zitiert, auch wenn es hier berechenbar wird. »Cabin Fever« erinnert mich dabei stets an einen Fluss - er fließt vor sich her...und ja das wars. Er fließt einfach nur. Zwischendrin bekommt man auf der Fahrt auf diesem sicherlich einige hübsche Kulissen und Aufnahmen zu Gesicht, doch eine wirklich große Entwicklung wird nicht gezeigt. Oft überspannt Roth wohl auch einfach nur den Bogen und übertüncht dies nur mit seiner gediegenen - später hektischen Unappetilichkeit, ohne dabei seinen seltsamen Humor misszulassen. Eine Hommage mit interessanten Versatzücken ist es geworden, jedoch sind die auch für mich das einzige was Eli Roths Film vor dem inneren Kollaps bewahren.



4.0 / 10

Autor: Hoffman

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