Donnerstag, 14. Februar 2013

Bin ich ein freudloser Miesepeter? - Kritik: Cabin in the Woods (2012)




Als erstes möchte ich sagen, dass ich hier nun ungeniert spoilern werde, da ich ansonsten meinen gesamten Text komisch mystifizieren müsste, was ich könnte, aber dann versteht es eh kein Schwein mehr, also kann ich das auch gleich lassen. Aber mal ehrlich: Das ist schon eine Leistung, ich hatte das Ding nach mindestens 5 Minuten durchschaut, ach was, nicht mal 5 Minuten. Ich hab nur kurz reingeschaltet (sporadisch an zwei Stellen in den ersten 5 Minuten) und hatte schon das gesamte Konzept vor Augen, was mich verwundert, da ich mich selbst nicht mehr erinnern kann irgendwelche Texte zum Thema gelesen zu haben und wenn dann solche, die nichts preisgeben wollten. Was dann passierte? Ich drücke auf Pause, bin verärgert und wütend. Das war am Nachmittag. Das hier ist übrigens ein sehr persönlicher Text, weshalb ich auch so viel unnötiges Zeug dahererzähle. Aber ich beruhige mich, wollte den Film eh erst am Abend schauen, was anderes hätte auch wenig Sinn gemacht bei einem Horrorfilm oder was auch immer das hier für ein Kuriosum sein soll. Kam dann doch besser und anders als gedacht. Der Gag des kreischendes Titels, während dieses harmloses Gespräches, den man zunächst als Irreführung des Plots betrachten könnte (was er nicht ist), gefiel mir sogar. Und schon wollen irgendwelche Teenies dann wieder mit einem Campingwagen ein Wochenende voller Spaß haben, da eignen sich Ferienhäuser von Cousins in Wäldern gut. Natürlich sind das alles wieder Klischees vom Sportler, zum Flittchen, zum intellektuellen Kiffer, dem anderen süßen Typen und das Mädchen, das dann wohl die Sympathiefigur sein muss.



Und oh die werden beschattet und beobachtet? Huch, was ist denn da los? Hat das vielleicht mit diesen Wissenschaftlern da zu tun? Big Brother im Horrorfilm? Da wird zwar nie ausgesprochen, was dahintersteckt, dennoch deutlich gezeigt. Also wirklich nein, das drängt sich schon auf eine ziemlich plakative Weise beim Zuschauer auf. Das ist zwar bieder, aber empfinde ich zumindest gerade in Hinsicht der Klischeeverarbeitung als wesentlich angenehmer als bei Roth. Und eine obskure Tankstelle gibts natürlich auch (wie bei Craven, Aja und ja Roth), bei der man anhält und nach dem Weg fragt, der Besitzer ist natürlich auch so ein Unnormaler. Der Untermalung ist dazu selbstredend ganz dick unheilvoll, oho und die Hütte selbst (nach Raimi und wieder Roth empfunden) unheimlich und voller Mysterien. Aber das ist nicht etwa das problematische daran, das soll ja auch alles so sein, nein, denn der Film enthauptet sich schließlich selbst dadurch, dass alles viel zu früh vollkommen ausbuchstabiert. Für mich wirkt das ziemlich unreflektiert und ab hier nehme ich keine Rücksicht auf Verluste mehr, auch wenn ich diese ganze Diskussion über den unvorbereiteten Genuss am Film nicht verstehe, weil folgendes eh schon von Anfang an feststeht, da gibt es kaum etwas geheimnisvolles zum Thema: Man teilt die Handlung in zwei Stränge auf, auf der einen Seite die Studenten, auf der anderen Seite die Initiatoren, die hinter den Kulissen die Fäden ziehen, auch wenn die Entscheidungen immer noch bei den Spielfiguren selbst liegen. Ganz nett und witzig ist das ja manchmal gestaltet mit Wetten, gewählten Monstern und Tricks und ja Richard Jenkins fand ich schon klasse. Hier wird ein Horrorfilm konstruiert.



Aber hier ist schon das Missliche an der Sache. Wie kann ein solcher Film Spannung aufbauen, wenn man weiß, dass das eh alles konstruiert ist und ständig zwischen den zwei Perspektiven hin und herspringt? Eigentlich gar nicht. Doch wenn er sich mal nur auf die Studenten konzentriert, entsteht auch Spannung von Kellertüren, Spieluhren, Medaillons, Stimmen aus dem Nichts und Tagebüchern, Zitate zu genüge. Ein anderes Erschwernis, welches ich noch kurz erwähnen möchte, ist die Beeinflussung und Manipulation der Figuren, die sich durch bestimmte Substanzen (oder was auch immer; dafür hat man keine Erklärung gefunden) verändern, von den Puppenspielern in Stereotypen gedrängt. Ich frage nun: Waren sie denn eigentlich jemals mehr? So richtig will ich das nicht glauben, zwar gibt es gewisse (kurze) Andeutungen in bestimmte Richtungen zu Beginn, aber nicht aussagekräftig genug, dass ich hinter diesen Charakteren ein Profil erkennen konnte und falls das alles nicht hilft, muss das eben nochmal dick und fett ausbuchstabiert werden, denn der erregte Sportler ist doch eigentlich Soziologiestudent? Wieso verhält der sich denn bloß so? Ach Gottchen, nein. Der Film nimmt sich nicht ernst und ist dafür doch immer noch viel zu ernst, ich kann den Film aber auch nicht ernst nehmen. Was bringt mir dieses Bewusstsein, wo doch alles konstruiert ist? Da kann dies und das doch nur schiefgehen und ja damit ist das Konstrukt des Films selbst vorhersehbar und berechenbar, aber schön, dass sich dem der Film bewusst ist. »Cabin in the Woods« fehlt aber damit auch das was das Genre in gewisser Weise und einen Teil seiner Faszination ausmacht: Die Ungewissheit, da können die Metaebenen (von Opfern, zu Puppenspielern, zum Zuschauer) ja noch so nett erdacht sein wie sie wollen, aber das Konzept ist durch seine Einstellung, dass einem Kind ähnelt, das ruft »Hier, hallo, ich folge den Konventionen und ich weiß das!«, eigentlich zum Scheitern verurteilt.



Des weiteren auch dadurch, dass hier zwischen den Opfern und dem Zuschauer eine unüberbrückbare Distanz herrscht und so für mich zumindest überhaupt keine Sympathien gesät werden konnten. Und gerade wenn die zwei Parteien gegeneinander arbeiten, entscheide ich mich doch lieber für die Seite der Initiatoren (auch weil die Seite viel witziger ist) als für die, der Opfer. Es ist ja eh nur ein tödliches Spiel, wieso soll ich denn mit ihnen mitfiebern? Ich stehe nicht auf einer Stufe mit ihnen, ich als Zuschauer stehe über ihnen. Diese Entmystifizierung tut dem Film einfach nicht gut. Noch schlimmer ist dann, dass er manches Rollenklischee da vielleicht noch viel zu ernst nimmt, ich muss an sich sagen, dass diese wenig überspitzt oder gar spielerisch verpackt werden, es sind einfach lästige Klischees, die sich exakt nach bekannten Muster verhalten, was mir dabei fehlte war, trotz des wissentlichen Umgangs mit ihnen, das Spiel mit diesen Stereotypen. Dieser von unheilvoll zu pathetisch wechselnde Score zählt für mich da übrigens nicht, das war glaub ich ungewollt. Dieses Streifen durch bekannte Sets des Horrorfilms (wie eben der See oder die Waldhütte) ist aber ganz hübsch und ruft wieder Erinnerungen an die vergangenen Horrorfilme hervor, da gibts dann auch Hellraiserfesseln, »The Ring«-Anspielungen und die Zombies, die scheinbar aus Tobe Hoopers »Mortuary« entsprungen sind. Das war aber glaub ich auch ungewollt.



Was man da die ersten 60 Minuten präsentiert, sind bekannte Taschenspielertricks, alte Hüte und eben keine Ungewissheit. Die letzten 20 bis 30 Minuten sind nicht berechenbar, das liegt aber auch daran, dass sie sich jedweder Logik entziehen und entbehren, sie sind einfach nicht berechenbar, weil dieser Film keine eigene innere Logik hat (zum Vergleich: »Scream« hatte eine solche Logik) und somit eigentlich nicht funktionieren kann, er ist absurd auf eine nicht amüsante Weise. Er ist die pure Willkür, er erlaubt sich alles. Eigentlich wäre und ist er damit ein Desaster. Aber wenigstens gewinnt er in diesen letzten 20 Minuten eines, die absolute Ungewissheit und dieses wilde Zitatefeuerwerk durch das Horrorgenre hat was, ist abgedreht und originell gemacht, ein blutiges Schlachtfeld von Kings »Es«, zu Kubricks »Shining«, vom Hellraiser zum japanischen J-Horror und wieder zurück zu Ellen Ripley. Letztlich übernimmt er sich aber durch diesen für meinen Geschmack viel zu bedeutungsschweren und ernsten Ton, da wird dann wieder wichtigtuerisch aufgeklärt, von Göttern und Ritualen, die dann als, wer hätte das gedacht, aufgeblasene Symbole, die um Voyeurismus und die Gier des Zuschauers kreisen, fungieren, die aber eben in ihrer Metaphorik auch überhaupt nicht logisch und nachvollziehbar sind, auch da diese Symbolik ins Leere läuft durch die trashige Abrundung. Mal ganz von einigen Ungereimtheiten abgesehen, die selbst beim Hinzufügen der dritten Ebene (= alles ist Fiktion) nicht geklärt werden. Außerdem ist mir dann auch das ganze Konzept zu theorielastig. Das wäre eine echte Farce, aber keine Gute. Aber ich mach es kurz: Er ist ein netter Metagag, vielmehr aber auch nicht.





5.0 / 10

Autor: Hoffman 

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