Mittwoch, 22. Juni 2016

Zurück ins Nimmerland - Kritik: Hook (1991)


Jeder kennt seine Geschichte. Die Kinder lauschen gespannt und starren mit offenen Mündern auf die Bühne, wo sein Stück gespielt wird. Es ist fast so, als würden sie den Atem anhalten. Steven Spielberg denkt mit oft dem gescholtenen »Hook« die Geschichte des ewigen Jungen weiter und dichtet sie um. Er denkt dabei an einen Erwachsenen Peter Pan (jetzt: Banning und mit Robin Williams besetzt), einen spießigen Anwalt, der ständig an seinem Telefon hängt. Der fliegende Junge, der als Mann nun Angst vor dem Fliegen hat. Der Junge, der jetzt als Mann keine Zeit mehr für seine Kinder hat und das Baseballspiel seines Sohnes von einem Mitarbeiter mitfilmen lässt. Er ist ein Vater, der nicht da ist, lieber mit seiner Arbeit liebäugelt und seinen Kindern ins Gesicht schmettert, dass sie erwachsen werden sollen. Und Steven Spielberg erzählt hiermit mit einer kindlichen Naivität und Leichtfertigkeit ausgestattet wie wieder das Kind in ihm erwacht. Es ist die Suche nach Peter Pan, der sich hier nun selbst finden muss. Weiterhin ist es natürlich auch eine Geschichte über Familie, die am Anfang bröckelt durch den egoistischen Peter und die bei Spielberg wieder zusammenfinden muss. Zuerst macht Spielberg aber den Mythos von Peter Pan seinen Zuschauern wieder schmackhaft, wenn Peter mit seiner Familie zu Wendys Haus zurückkehrt, die nun eine alte Dame ist, die meint, dass Peter nun selbst ein Pirat geworden sei. Spielberg lässt (durchaus auch gewitzt) den Blick durch das Haus schweifen, an den bestimmten Ort der Erzählung, das Kinderzimmer, sieht die illustrativen Bilder an den Wänden, lässt seine Figuren sich erinnern und erzählen. Dieser (zauberhafte) Beginn, für den John Williams auch motivierende und treffende Musik findet, macht Lust auf die Magie des Abenteuers.



Wenn Peter dann wieder durch die Hilfe von Glöckchen im Nimmerland landet, wird dort Spielbergs Film dann zu einem pompösen und zügig erzählten Märchen, das keine (wirkliche) Ruhe mehr kennt, bei dem Spielberg zu einer herzhaften Sentimentalität neigt und er sich auch zu affigen Blödsinn hinreißen lässt. In diesem Sinne ist sein Film zweifelsohne infantiler und kindischer Unfug, eine Schelmerei, der er sich hingibt und auch ein buntes und vor allem auch putzmunteres Brimborium. Es ist so, als würde dort im Nimmerland Spielberg eine Mottenkiste plündern und allen möglichen Krempel und Krimskrams herausschmeißen. Somit könnte man auch sagen, dass Spielberg selbst wie ein Pirat oder Räuber ist, der hier alles mögliche aus seiner Schatztruhe zu ziehen scheint. Oder noch anders gesagt: Er ist wie ein Zauberer, der jede Menge (irgendwie bezaubernden) Plunder aus seinem Hut zieht. Denn so deutlich auch die tradierte Studiokulisse hervorscheinen mag, so hat diese doch auch etwas liebenswert-altmodisches, etwas, das man heute wohl nicht mehr in einem (aktuellen) Film vor Augen bekommen würde.


Natürlich muss man auch sagen, dass Spielbergs Film in einem gewissen Rahmen auch einen überladenen und ulkigen Pomp darstellt, der oft auch zu plumpen und albernen Klamauk wird, der aber auch seine Vorzüge hat. Denn mit welch schillernder Entzückung Dustin Hoffman diesen Bösewicht, diesen Hook, der Angst vor den tickenden Uhr hat, die verkünden, dass seine Zeit bald abgelaufen ist, interpretiert, das ist eine helle Freude ihm dabei zu zusehen. Demnach möchte man »Hook« als quietschendes und doch charmant-harmloses Trödelstück betrachten, als einen Film, den man vielleicht aus den Augen eines Kindes (wieder) sehen muss, um seine Faszination zu begreifen.

6.5 / 10

Autor: Hoffman 

1 Kommentar:

  1. Und Robin Williams zeichnet eine wunderbare Peter Pan Figur. Ich mochte "Hook" immer gern sehen, auch wenn es so ein typischer Spielberg (oder gerade deshalb?) ist.

    AntwortenLöschen