Mittwoch, 17. Dezember 2014

Pump, pump, pump it up! - Klassiker der Extraklasse: Pumping Iron



PUMPING IRON fasziniert. Bei dieser Erkenntnis könnte ich es eigentlich belassen. Jeder, der diese Dokumentation über Bodybuilding gesehen hat, dürfte mir auf die eine oder andere Weise zustimmen, denn Faszination kann ja durchaus auch Abscheu beinhalten. Wobei ich mir ebenso vorstellen kann, warum selbst heute noch so viele Körperkult betreibende Männer (Würde ich zumindest in erster Linie nennen. Für Frauen gibt es dann sogar ein eigenes Sequel!) von den Trainigseinheiten Arnold Schwarzeneggers und Lou Ferrignos zehren. Deren Rivaliät um den Titel "Mr. Olympia", den Arnie bereits fünf Mal in Folge für sich beanspruchen konnte, besitzt eine ungeheure Leidenschaft und ungezügelte Energie. Es handelt sich zugleich um die letzte Gelegenheit, den Österreicher vom Thron zu stoßen, da er bereits intendiert, sich anschließend endgültig von den Wettbewerben zu verabschieben.Ohne sich vorab zu begegnen, stählen sich die beiden späteren Filmstars für die anstehende Fleischbeschauung ihrer prächtigen Muskeln in Südafrika. Da mir Ferrigno bis dahin nicht bekannt war, sei an dieser Stelle informiert, dass er vor allem durch die Fernsehserie DER UNGLAUBLICHE HULK einem größeren Publikum bekannt wurde. Außerdem war er in den Achtzigern auch als Hercules und Sindbad unterwegs. Selbsterklärend ist jedoch, dass er natürlich niemals an Schwarzeneggers Populariät anknüpfen konnte, der es ja sogar bis zum fragwürdigen Gouverneur Kaliforniens schaffte. Allein wie dieser hier überenthusiastisch und mit unerschütterlichem Selbstvertrauen durch die kalifornischen Straßen und Trainigshallen stolziert, erweckt den Eindruck, als ob er seine eigene Menschlichkeit übertsteigen möchte beziehungsweise schon längst überwunden hat. Sein Körper ist anderen unendlich überlegen. Er will kein Mensch mehr sein, sondern ein Gott.


Diese Selbsterklärung zu einer Legende nimmt besonders in einigen Aussagen Arnies sehr groteske Züge an: " I was always dreaming about very powerful people, dictators and things like that. I was just always impressed by people who could be remembered for hundreds of years, or even, like Jesus, be for thousands of years remembered." Es offenbart sich eine Hybris, die sämtliche Verhältnisse sprengt und sich bisweilen tatsächlich faschistischen Gedanken annähert. Für seine Ambitionen müssen alle menschlichen Schwächen gnadenlos unterdrückt werden. So berichtet er auch davon, wie er seine Anwesenheit bei der Beerdigung seines eigenen Vater (!) absagte, um sich möglichst nicht vom Training abzulenken. Wir sehen fleischgewordene Zielstrebigkeit, die fortwährend von Reportern und Fans umgeben ist (besonders amüsant: Die ultraschwule Rast im Park mit den Bodybuilding-Kumpels). Geradezu bescheiden stehen auf der anderen Seite die Bemühungen Ferrignos im Familienkreis. Er wirkt ungleich bodenständiger und auch sympathischer. Interessant ist  die Anekdote, dass er während seienr Kindheit aufgrund seines fehlerhaften Sprachvermögens von Gleichaltrigen gehänselt wurde. Ebenfalls Mobbingattacken ausgesetzt war der im ersten Filmdrittel begleitete Bodybuilder Mike Katz (Den ich nur nicht weiter anspreche, weil seine Erfahrungen von der Präsenz Arnies überstrahlt werden, wie eh alles). Man möchte meinen, erst aus schlechten Erlebnissen als Voraussetzung wächst die Kraft, den Körper zu stählen und zu härten und weiter und mehr und und und...Das Regieduo George Butler und Robert Fiore soll einige Situationen der Dramatik wegen inszeniert haben, womit ich jedoch keine Schwierigkeiten habe, weiß ich doch inzwischen, dass selbst Dokumentationsurgesteine wie NANOOK OF THE NORTH sich mancher dramaturgischer Freiheiten bedienen. Ein kritischer Blick auf die Bodybuildingszene findet nicht statt (Anabolika werden beispielsweise überhaupt nicht angesprochen), allerdings benötigt PUMPING IRON einen solchen gar nicht erst. Was hier gezeigt und ausgesprochen wird, spricht für sich. Das ist einerseits abscheulich, andererseits schwer faszinierend.

                                                                         6 / 10

Autor: DeDavid 

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