Samstag, 23. Juni 2012

Jetzt wird weiter gesägt - im grotesken Stile! - Kritik: Tobe Hoopers Texas Chainsaw Massacre 2



»It´s the devils playground!« - Oftmals wird Tobe Hooper in seiner gesamten Film-Laufbahn eigentlich stets auf zwei differenziert zu betrachtende Filme reduziert. Zur einen Seite auf sein legendäres »Texas Chainsaw Massacre« aus dem Jahre 1974, zum anderen auf die satirische Geisterachterbahnfahrt und »Poltergeist« (1982), wobei jener im besonderen unter dem Einfluss von Steven Spielberg stand. Jedoch ist ist dieses systematische Prinzip fehlerhaft, denn (Betonung auf »denn«) Tobe Hooper drehte so auch die Fortsetzung zu seinem kulturell wertvollen und kultigen Blutgericht. Rekapitulieren wir nun also erneut die Ereignisse mit denen Hooper - mit minimalistischen Mitteln (einem geschätzten Joker-Budget von 60.000 Dollar) - seinen persönlichen Beitrag zum Terrorkino der 70er Jahre ablieferte und somit auch wahrscheinlich einer seiner bedeutendsten und radikalsten Vertreter in seiner Ausübung. Fast 12 Jahre später versuchte sich nun Genreveteran Hooper erneut an seiner Legende und daraus entstand schließlich die berüchtigte und verkannte/riskante Fortsetzung "Texas Chainsaw Massacre 2" aus dem Jahre 1986, welcher wiederum im Gegensatz zu seinen Vorgänger im rapiden Sinne als Flop verzeichnet werden sollte, auch wenn der Titel derselbe war bloß mit einer »2«, aber die mochte ja noch niemand.

Dennis Hopper unentschlossen. Eine Frage, die über Leben und Tod entscheiden könnte. Welche der beiden Kettensägen schneidet effizienter? Welche trägt das hübschere Design beim Rache-Motiv? Wie wird er urteilen?


Dabei spürt man eigentlich von Vornherein schon, dass "TCM 2" einen völlig anderen Pfad einschlägt als sein Vorgänger, was sich auch darin bestätigt, dass dieser zunächst als Persiflage auf das Original gedacht war, dennoch nicht als solche umgesetzt wurde. Trotzdem scheint dieser Grundgedanke bei Hooper erhalten geblieben zu sein, besonders anfangs spürt und entdeckt man die grotesken Formen, höchst ironische und die durchgeknallte Ader von Hoopers Film, der an sich eh hierbei den humoristischen Mitteln einen wesentlich größeren Stellenwert reinräumt als noch in seinem Vorgänger. So ähnelt "TCM 2" zwar dabei durchaus eher einer überdrehten Horrorkomödie, in der Hooper seinen Terror nun mal mit Humor paart, wie er es in satirischer Anlage bereits beim Original tat, aber geht dabei hierbei noch eine Spur weiter, auch wenn das Spektakel dabei auch in gewisser Weise platter sein möge in seinen politischen Ambitionen, die Hooper trotzdem weiß gefügig zu präsentieren, wenn auch herrlich bissig in seinem Tonfall und trotz der Tatsache, dass das Ganze zunächst inszenatorisch unspektakulärer daherkommt, doch insgesamt eine präzise Komposition der verschiedenen Stilmittel, harmonisch von Regie bis Score (teils von Hooper selbst komponiert) in seiner gespenstischen Art zwar leicht amateurhaft, aber zugleich atmosphärisch und suggestiv eingesetzt mit unheimlichem Gefühl hinterher, was aber gleichzeitig auch die überzogene Note des Films verdeutlicht. Man könnte demnach meinen Hooper finde hierbei ein gewisses Amüsement im Terror, was zwar weniger schockierend oder gar nervenzerrend sein mag, dafür aber durchaus amüsant auf seine Art. Hoopers Film taugt insofern auch eher als Groteske des ersten Teils, als denn als leibhaftiges Terrorkino im Stile dessen, obgleich "TCM 2" zudem auch nicht selbige atmosphärische Stimmung aufbauen kann wie sein Vorgänger oder dabei so teuflisch an geheizt wirkt, was aber auch Hoopers politischer Aussage geschuldet sein muss.



Da sich dieses Mal die Familie um Kettensäger Leatherface aus ihrer eigenen verfallenen und entlarvten Gesellschaft in die neue Zivilisation begibt, um sich dort einzugliedern. Recht logisch setzt dabei Hooper im Grunde direkterweise explizit beim Vorgänger an und spinnt die Geschichte des Leatherface weiter. Hooper selbst sucht dabei in der Geschichte oft genug Referenz zum eigenen Vorgänger einzubinden und zitiert diesen wie auch einige popkulturelle Erscheinungen gekonnt. Sogar eine extravagante und absolut überdrehte Star Wars-Referenz lässt sich im Abschluss darin nicht verbergen. Herrlich! Und dann noch Dennis Hopper, im Grunde das Beste was Hoopers Fortsetzung in Hinsicht kapitalistischer Absichten passieren konnte - naja oder eben nicht - als traumatisierter Sheriff »Lefty«, der seit dem Tod seines Neffen (Anspielung auf das Original!) durch das Texas Chainsaw Massacre auf Vergeltung sinnt. Wieder einmal ist es erstaunlich wie Hopper es schafft seinen eigentlich absolut überzogenen wie klischeehaften Charakter eine gewisse Ernsthaftigkeit und Sympathie zu verleihen, großartig. So ist es an sich auch kein Wunder, dass an sich Hoopers Film wieder recht  spielfreudig mit seinen charakteristischen Klischeebildern spielt und sie so zu sagen wieder ins absurde teils abdriften lässt, was an sich sichtlich freudig zu betrachten ist, obgleich auch erneut Hoopers Rotkäppchen-Motiv hierbei zusammen mit der Emanzipation der Frau zugleich noch wesentlich deutlicher wird. Intelligent wie satirisch gehandhabt auch Hoopers Reflexion der Außenseitergesellschaft, welche versucht sich in die Zivilisation einzugliedern, jedoch aber an ihrem eigenen Staus und Lebensweisen, welche die Gesellschaft in ihrer obskuren Weise nicht akzeptiert, scheitert.

»When a Leatherface loves a Woman«


Wunderbar symbolisch und ironisch eingefangen von Hooper und natürlich mit perfiden und bösartigen Charme an politischen Komponenten und Intentionen. Und Romero gar nicht so unähnlich in der Aussage, da die Gesellschaft mit Verachtung, Abstoß und Angstgefühlen gegenüber den Außenseiter reagiert, da diese nicht in ihr Klima passen. Auch faszinierend bleibt dabei der sexuelle Subkontext, wobei Hooper in Hinsicht seines schwarzhumorigen Albtraums zugleich auch völlig neues Terrain beschreitet, nicht nur wegen einem neuen (perfekt gewählt) Dinner, sondern auch weil er hierbei die Tragik des Monsters wesentlich effektiver zur Schau stellt - mit vielseitigen Märchenanleihen auch im Sinne von »Die Schöne und das Biest« - und kraftvollen Gegenentwürfen und Referenzen zum Vorgänger. Damit macht das "Texas Chainsaw Massacre 2" zu einem eigentlich gelungenen Versandpaket, ausgeprägter in der ironischen wie schwarzhumorigen Groteske, zugleich routinierter in der Inszenierung. Aber immer noch äußerst schmackhaft in solcher Verpackung.



7.0 / 10

Autor: Hoffman

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