Samstag, 28. Juli 2012

Wortwörtlich: Höllisch verbrannt - Kritik: Hellbound: Hellraiser II




»It is not hands that summon us. It is desire.« - Es war eigentlich nur wieder eine Frage der Zeit nach dem Erfolg von Clive Barkers »Hellraiser«, der Verfilmung seines eigenen Romans, bis es schließlich dann zur Franchise ausbreitenden Fortsetzung »Hellbound« (1988) kommen sollte. Was sich eigentlich der Grundidee von Barkers Vorgänger vollkommen entbehrte, doch die Produzenten erkannten das Potenzial des Franchises und schon folgte man dem altbekannten Prinzip: Dieses Mal musste das Tor zur Hölle nicht nur aufgebrochen werden, sondern regelrecht gesprengt,  aber wortwörtlich und weit entfernt von der Reflexion der Sehnsüchte und der düsteren Vision des Menschen, die der Vorgänger noch war. Mehr Zenobiten, mehr wandelbare Boxen und Ornamente, mehr Surrealismus und ein Schauplatz schließlich direkt in der Welt der Zenobiten, was aber auch gleichzeitig mehr Hintergründe vorraussetzte, ein Problem, das sich allein von der Vorgebung präsentiert. Immerhin bewacht von den Augen Clive Barkers, der hierbei jedoch nur noch als Produzent fungierte und den Regiestuhl Tony Randel überließ, einem einstigen Special-Effecter, was in jeder Sekunde hierbei deutlich wird. Die Fans zeigten sich gespalten in Anbetracht von Randels Film. Verständlich.




Nun also ganz von dem entsagt, was den Vorgänger so auszeichnete, funktioniert »Hellbound: Hellraiser II« leidlich nur noch auf einer wesentlich offensiveren und primären Ebene der Filmkunst, die Abwesenheit der davor noch stets noch souverän durch seinen Stoff schwang, wird des öfteren deutlich, sodass das selbst das Storykonstrukt einfach gesagt nur zum Scheitern verurteilt sein müsste, wenn man es betrachtet. Es ist ein Motiv, dass diese Fortsetzung voranantreibt und letztlich nicht mal ansatzweise genügend ausgefüllt wird.

Protagonistin Kristy will ihren Vater aus der Hölle der Zenobiten befreien - dazwischen zimmert man recht lieblos eine halbwegs passable Konstruktion des Geschehens. Während die neu eingeführten Figuren - neben unser damaligen Protagonistin Kirsty zur Identifikation, deren Trauma nun gefestigt ist - schnell verblassen und demnach wesentlich austauschbarer wirken, im Grunde nur Stereotypen. Was das und Randels Regie betrifft, welche sich angepasster, unausgereifter und konventioneller gibt, fällt »Hellbound« zu seinem Vorgänger und dessen Finesse ab.

Visuell bestärkt Randel dennoch das gesamte Verfahren, zwischen blutiger Innovation und originellen Gore platzierend - sogar das Sadomaso-Motiv der Begierde durch Schmerz, wird von Randel zumindest wieder aufgegriffen. Die Triebfeder der Gier überlebte zudem. Das Haunted-House-Motiv wird zur unwirklichen Irrenanstalt und man lässt Revue passieren. Und rückt den Leitgedanken der Femme Fatale in den Vordergrund und es werden erneut mehr Hintergründe geklärt und doch problematisch bewerkstelligt.




Denn Randel verharrt doch viel zu langfristig in seiner mageren Handlung, schreitend wenig und dabei viel zu langsam voran - es entsteht ein Vakuum von Nichts. Denn von nichts, kommt nichts. Unterprivilegiert gesagt. Randel dehnt die kaum zusammenhaltende Story bis zum Schluss und schweift nicht nur des öfteren dabei vom Ziel ab. Wobei, das existiert nicht. Schleppt sich - bis nun dann doch die Blutexzesse in den Vordergrund treten und endlich der Einstieg in die Parallelwelt (der Zenobiten) vollzogen wird - endlich Surrealismus! Sehr fein und strahlender Optik. Rot auch als stets präsente Farbe.

Konstruiert als grotesker Irrgarten, so manches Bild ähnelt den Kunstwerken eines M.C. Eschers - teils obskur. Teils perspektivisch und abstrakt. In aller erster Linie faszinierend und die Stärke von Randels Film. Aus trickreicher Inszenierung wird eine effektvolle Visualisierung, zwar dabei nicht so hintersinnig wie diese von Barker, aber doch technisch prägsam und zumindest für den Moment beeindruckend. Dort wenigstens auch mit Tempo und genügenden Einfallsreichtum in Hinsicht gestalterischer Fähigkeiten, Blut und Gore. Und Christopher Young liefert samt Orchester die musikalische Dramatik dazu - Randel erprobt sich ja an visueller Originalität, pendelnd zwischen erfrischend-morbiden Atmosphäre und trashigen Beiwert im oftmals rötlichen Ambiente.



Doch bei aller technischen Finesse, die Randel hierbei bietet, sofern man auch stets das Design und die exzellenten Masken im Hinterkopf hat, ist gerade der Versuch weitaus mehr zu erzählen bzw. die Hintergründe der Zenobiten zu schildern, sein Verderben. Schon anfänglich beginnt man kurz und kompakt die Vorgeschichte zu Pinhead, der sich eindeutig mehr herauskristallisiert als noch im Vorgänger, zu erzählen - sicherlich der Hintergedanke ist ambitioniert. Jedoch führt dies auch unweigerlich zur Entmystifizierung der Zenobiten. Das schafft Randel sogar auf die klobigste Weise, die ich mir dafür hätte vorstellen können. Unheimlich unbeholfen. Die Gefahr wird urplötzlich mittellos? Und weicht dem wiederum (hübsch designten) neuen Bösewicht (=Zenobit). Randel raubt ihnen jedes Mysterium. Der einstige Mephistopheles wird zur abgetretenen Franchise-Figur und zum tragischen Individum. Und das ist leider der unverzeihlicher Fehler im Falle von »Hellbound« - für eine Fortsetzung, die zumindest meinerseits in Hinsicht der Vorlage nicht hätte existieren müssen, trotz ansprechender Visualisierung und surrealistischer Bildgestaltung, die Entmystifizierung ist dies nicht wert. An sich aber gerade noch akzeptabel und goutierbar - auf absolut primären Sektor.



5.5 / 10

Autor: Hoffman

2 Kommentare:

  1. Mal eine erfrischend andere Meinung. Bei vielen Fans kommt Hellbound ja mitunter deutlich besser weg als der brilliante erste Teil der Reihe.

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    1. Das verstehe ich ehrlich gesagt auch teils nicht, wenn ich mir Barkers Lektüre über eine Art Dystopie des Menschen vor Augen habe. Wenn man Hellraiser im Einzelnen betrachtet, bemerkt man schnell, dass er in dieser Ambition nie für ein Franchise geschaffen wurde. Ich verstehe durchaus die Faszination der Fans, wenn es um das Design des Films geht und die Idee der Hintergründe, aber den Rest wie auch das Urteil, dass Hellbound besser wäre - will mir nicht so ganz in den Kopf, außer in der Hinsicht von einseitigen Unterhaltungskino. Aber naja, dem war ich noch nie so aufgeschlossen.

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