Samstag, 7. April 2012

Kritik: Hunger


Schwerer Stoff. Dies waren die ersten Worte, die mir in den Sinn kamen nach der erst neulichen Beobachtungen von Steve McQueens hochgelobten Werk "Hunger" aus dem Jahre 2008. Dies mit einem bedrückten Atemzug, um zu realisieren, was ich gerade durchlebte. Beileibe vielleicht waren es dabei auch noch andere Gedanken, die diese Worte beeinflussten. Aber wem möchte ich etwas beweisen. McQueen (sein Name Fluch und Segen zugleich wie ich finde) ist ein aufgehender Stern auf dem neuen Regiehimmel, was hier mit seinem Debüt eindrucksvoll beweist. Dabei bezieht er sich im größten Maße seiner Handlung auf den Hungerstreik in einem Gefängnis bei Nordirland im Jahre 1981, welcher so auch auf realistischen Tatsachen beruht.


Als Mittelpunkt der Handlung könnte man den inhaftierten Bobby Sands sehen, welcher IRA-Terrorist, und gemeinsam mit seinen Mitgefangenen als politischer Gefangener anerkannt werden will und sie so gleichauf durch diesen Protest von den Wärtern misshandelt werden. Dies führt letztlich zum Hungerstreik und bildet die Ausgangslage des Films bzw. mehr um fasst diese auch nicht. So wird diese Ausgangslage aus verschiedenen Perspektiven und Blickwinkeln gezeigt, insofern dass man die Handlung in verschiedene Episoden einteilen könnte, davon bildet eindeutig das Highlight ein Gespräch zwischen Sands und einem Priester, diese sei beileibe bitteschön stets zu loben, da technisch im Grunde perfekt wie auch ohne sichtbare Schnitte gefilmt. Respektabel. Genauso auch die Leistung von Michael Fassbender (im Indie-Modus/Teil 1) über dessen Schauspiel hier man wohl kaum streiten muss. Er überzeugt auf ganzer Linie und es fast schon erschreckend inwiefern er sich doch für die Rolle des Bobby Sands herunterhungerte - insofern fesselt er aber ungemein mit seinem Spiel und beeindruckt. So würde ich auch meinen, dass McQueens Film teilweise von der Leistung seines kraftvollen Hauptakteurs lebt. Währenddessen beweist Steve McQueen seine Qualitäten auf dem Regiestuhl, in dem er uns den ernüchternden wie auch harten Gefängnisalltag enthüllt und uns so bedrückende Einblicke bietet, absolut konsequent zieht er dabei sein Ding durch. Und wie gesagt was McQueen dabei präsentiert ist alles andere als leichte Kost, sondern radikal, ich würde sogar insofern meinen irgendwie verstörend und schockierend zugleich. Weshalb ich auch nicht sicher bin wie über dieses Maß urteilen soll zwischen Abscheu des Hungerstreiks, der Unerträglichkeit gegenüber einzelner Situationen bis zur Faszination, die der Film mit sich bringt. Dabei ist deutlich spürbar die Perfektion, die McQueen bei seiner Inszenierung anlegt und in den präzisen und dokumentarisch ausgelegten Bildern festhält. Da fehlen einem letztlich die Worte für bei all seiner kompromisslosen wie auch schonungslosen Erzählweise. Persönlich und ich betone in all seiner Deutlichkeit persönlich würde ich meinen, dass durch McQueens konsequente Schilderung dennoch mir die Charaktere zu verschwommen gezeichnet waren, das Gespräch zwischen Pfarrer und Sands ausgenommen, Hintergründe sind vorgegeben, doch irgendwie fehlte mir wohl das Verständnis bei den Figuren, was eine emotionale Bindung zu ihnen erschwerte. Trotzdem: Seine Wirkung verfehlte er keinesfalls.


Denn in jedem Fall, wirkte dieses Werk auf mich nach seiner Beobachtung schwer ein. Sicherlich nicht leicht zu verarbeiten und an sich bestimmt nicht für jeden Zuschauer geeignet. Denn wie gesagt McQueen ist absolut kompromisslos was die Schilderung dieses radikalen Hungerstreiks angeht. Weshalb ich diesen Film im Grunde auch eigentlich für schwer zu bewerten beziehungsweise genauso gut unbewertbar halte. Für mich ist sicher, dies ist harter und schwer zu verdauender Tobak, einnehmend präsentiert und beeindruckend dargestellt, hierbei von Fassbender. Ein Film, der einen in einem gewissen Strudel festhält. In jedem Fall würde ich insofern sagen: Sehenswert.


7.0 / 10

Autor: Hoffman

Isos Meinung:
 
„Hunger“ ist die unangenehmste Radikalität menschlichen Widerstands. Dies ist kein simpler Knastfilm, sondern eine Herausforderung an die nervlichen Erträglichkeiten und an die optischen Grenzen des Sehens. McQueens stilistische Wahrnehmungen, seine Einbettung von Grausamkeiten, sind für diejenigen, die sie anschauen eine unerträglich-anspruchsvolle Tortur. Es ist die vorverlagerte Hölle - daran besteht kein Zweifel.
Denn ersparen möchte man uns nichts. Beharrlich beruht der Regisseur auf den Charakteren – allen voran natürlich auf dem des Bobby Sands. Schauspielerisch wird dieser von Michael Fassbender mit beachtlicher Präsenz gespielt – und die muss ihm auch zugesprochen werden, ist er doch das ‚Auslöseobjekt‘ des letzten Gefechts. Sein Leiden wird zum Leiden des Publikums – dabei lässt das Drehbuch aber auch keine Skepsis an seiner Person. Zu empfehlen sei deshalb, falls man es nicht ohnehin schon gemacht hat, sich genauer über die damaligen Ereignisse zu informieren, denn das setzen Steve McQueen, sein Film und die allgemein schwierige und komplexe Thematik voraus.
Packend, abstoßend, unerträglich und nicht minder fordernd. Kino muss nicht immer unterhalten, um ausgesprochen gut zu sein. Genau das muss man akzeptieren, um Hunger wertschätzen zu können.

7.5 / 10


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