Mittwoch, 16. September 2015

Der Schmerz der Hinterbliebenen - Kritik: Das Zimmer meines Sohnes (2001)



Regelrecht unauffällig und ruhig sind die Bilder, die Nanni Moretti in seinem Film »Das Zimmer meines Sohnes« zeigt, er ordnet die Bilder dem Gezeigten unter. Sie bebildern das Realistische und das Alltägliche. Somit lässt Moretti den Zuschauer zunächst auch in die vierköpfige Familie selbst und ihr Leben finden, bevor er zum eigentlichen Thema seines Films vordringt. Er lässt sich Zeit, damit sich der Zuschauer auch in die Figuren und die Normalität ihres Lebens einfühlen kann und das sogar anfangs mit einer kleinen Prise Humor. Das ist taktvoll. Besonderen Fokus legt er dabei auf die Figur des Vaters Giovanni, der von ihm selbst gespielt wird. Man sieht ihn bei seiner Arbeit als Psychiater und bei den Gesprächen mit seinen Patienten. Moretti beweist Feingefühl bei seiner Inszenierung, was sich insbesondere in jenem leisen Moment des Glücks zeigt, in dem Vater und Sohn gemeinsam einen Spaziergang unternehmen. Das ist eine Familie, die sich untereinander gut versteht und zufrieden ist. Eines Tages schlägt der Vater am Frühstückstisch seinem Sohn vor wieder mal einen gemeinsamen Lauf zu unternehmen, bevor der Sohn mit seinem Freunden aufbricht. Doch das Vorhaben muss abgebrochen werden, weil der Vater zu einem Patienten muss. Der Sohn geht mit seinen Freunden zum Tauchen und ertrinkt dabei. Die Familie ist erschüttert. 



Moretti schildert den Umgang der Familie mit dem Tod des Sohnes und ihre schwierige Trauerbewältigung, vornehmlich dabei die des Vaters. Die Familie ist spürbar angeschlagen, doch das Leben geht weiter. Sie versuchen mit dem Schmerz umzugehen. So versucht der Vater sich auf einem Rummel für kurze Zeit davon abzulenken. Er geht weiter zur Arbeit, spricht nicht weiter darüber, macht sich aber Vorwürfe und überlegt, wie es gewesen wäre, wenn er dem Patienten abgesagt hätte, bei dem er sich nun fragt, ob er ihn weiter behandeln kann ohne an seinen Sohn denken zu müssen, und stattdessen mit seinem Sohn laufen gegangen wäre. Er träumt davon, dass er die Zeit zurückdrehen könnte. Ebenso überlegen Vater und Mutter, was es für Gründe gegeben haben könnte, dass es dazu kam und ob die Tauchausrüstung möglicherweise daran schuld war und sie entdecken zudem, dass ihr Sohn sogar eine Brieffreundin hatte, von der sie nichts wussten. Morettis Herangehensweise ist dabei dezent, unprätentiös und zurückhaltend. Die Stärke seines Films, der stets getragen wird von sanften Klängen, liegt in seiner einfühlsamen Schlichtheit, die einen berührt.


7.0 / 10

Autor: Hoffman 

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