Freitag, 7. Dezember 2012

Traue keinem Kindermädchen! - Kritik: Die Hand an der Wiege



»The hand that rocks the cradle is the hand that rules the world.« - Schon wieder dieser Curtis Hanson. Hat was von Vor - und Nachgeschichten, wo die »Wonderboys« nach »L.A. Confidential« entstanden, gab es bereits Jahre vor diesen »Die Hand an der Wiege« aus dem Jahre 1992. Ich würde Hanson in früheren Filmen eher als eine Art Brian De Palma den II sehen: umschreiben. Prototypisch dafür drei von Hansons Filmen - zum einen »Das Schlafzimmerfenster« (1987), dann »Bad Influence« (1990) und eben »Die Hand der Wiege« - alle auf eins ausgerichtet eine Referenz zu Alfred Hitchcock, daher das mit De Palma. Ich weiß schrottige Idee.

Ich meine sogar fast, dass »Die Hand an der Wiege« als Gegenentwurf zu Martin Scorsese´s »Cape Fear« gesehen werden sollte, wobei hier Hanson das Prinzip wendet. Und er die Emanziperung der Frau vorantreibt. Och nö, nicht schon wieder! Wer erkennt es? Das Hitchcock-Motiv? Die Femme Fatale! Treffer. So gleicht Hansons Film daneben aber auch einer Abrechnung mit der Familienidylle. Ein bisschen grüne Wiese, das weiße Haus als Symbolik für die bürgerliche Unschuld, wenngleich es, wie man uns später enthüllt, da doch brodelt. Erstmal wird das Vorstadt-Paradies beibehalten und Hanson führt gemächlich seine Charaktere ein. Die Familie. Die Situation. Das Leben - etwas konventionell, ja - und schon wird der Aufhänger präsentiert, hier und da doch aufgesetzt, aber das geschwinde Motiv dieser Rache durchaus plausibel und handwerklich solide umgesetzt und - Achtung: von Vorneherein bekannt. Vertraue keinem Kindermädchen. Insofern werden Klischee eingesetzt. Dramaturgisch besinnt man sich auf den Meister mit schleichenden Thrill - die Spannung konstant voranschreitend - Hanson entwickelt langsam seine Geschichte, wenn dabei auch große Überraschungen ausbleiben. Ein paar Märchenmotive lassen sich auch wieder finden - hübsch. Dazwischen wird die Vorhersehbarkeit ein bisschen geprägt. Spannung wird aber gediegen aufgebaut.



Irgendwann bemerkt man auch, dass es ansehnliche Darstellerleistungen geben mag, hervorstechend in erster Linie Rebecca De Mornay als boshaftes Kindermädchen - sofort und ohne Geheimnis wird aufgeklärt: Die führt nichts gutes im Schilde. - De Mornay faszinierend durch abgründiges Spiel und Blicke des Wahnsinns und doch stets punktiert wiederum auf ihre Perfidie. Als schicke Verzierungen daneben noch Julianne Moore und ein ungewohnt agierender Ernie Hudson. Im Mittelteil schleppt man sich zwar inszenatorisch wie auch als Zuschauer, aber darf doch zumindest schmunzeln über die erdachte Naivität der Charaktere, auch wenn dabei des öfteren einige einfallslose Bindungen der Konventionen stören dürften. Verzückend aber wie diese strahlen. Das liebe Kindermädchen entzweit die Familie. Bis dann doch der Hitchcock referiert und das Element des fürchtenden »Verdachts« verwendet wird - der Score kurbelt diesen Prozess an - und schon springt die Spannung wieder im Dreieck. Aber wie erwähnt ohne Überraschung und mit Vorhersehbarkeit - gut inszeniert ist es dennoch - denn ja die heile Welt bröckelte schon zu lang.


Die Wiege gerät ins Schwanken. Das Glashaus zerbricht und die Scherben fallen nicht nur tief, sondern schneiden auch. Die heimtükische Emanzipierte wagt den Versuch der Verführung des schwachen Mannes. Wir erinnern uns an Scorsese. Sie entgegnet nicht umsonst: »Das ist meine Familie!«. - Obessiv. Man denkt nebenher bei diesem Gedankenaustausch an eine Referierung von Hitchcocks Nachbild: De Palma. Naja vielleicht auch nur weil dieser unweigerlich Hitchcock in seinen Film zitierte. Zuletzt greift man dann zum furiosen und over the top-inszenierten Finale, welches meinerseits wieder Hochspannung weckte. Wie bei Marty. Ein letztes, lohnenswertes Gefecht. In der die Angst überwunden wird und die Familie zusammengeschweißt wird - obwohl es etwas abrupt daherkommt. Jedoch, ob es einen überraschen mag oder nicht: Hanson definierte selbst mit mancherlei Konvention, doch beweist allein eine Referenzfolge der Serie »Simpons« die Gewichtung des Werkes und wenn wir ehrlich sein mögen, kennen wir dabei doch auch unzählige Nachfolger und Nachahmer, die sich dieser Idee annahmen. Große Neordnungen in jener Hinsicht mag Hansons Film zwar auch nicht bilden, immerhin einige Konventionen schnürren und trotzdem Spannung bieten mit referierenden Motiven. Bis man dann bemerkt Hansons »Die Hand an der Wiege« ist eine Hommage an Hitchcock. Faszinierend, dachte ich und war zufrieden.



6.0 / 10

Autor: Hoffman

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