Mittwoch, 11. Januar 2017

Filmenttäuschung 2016


Hoffman:

 

#1. Being Charlie
(R: Rob Reiner / USA 2015)
Ich weiß nicht, ob das wirklich der schlechteste Film war, den ich letztes Jahr gesehen habe. Vielleicht war es auch ein anderer Film. Aber eins ist sicher, diese »anderen« Filme habe ich vergessen können. Den neusten Streich von Rob Reiner dagegen nicht und das sollte jedem, der sich diese Worte durchliest, auch eine Lehre sein, mehr noch eine Warnung. Denn Rob Reiner hat mal gute Filme gemacht. Doch diese Zeiten sind nun endgültig vorbei. Schauen Sie also lieber noch einmal »Stand by Be«, der zumindest thematisch am nächsten ist in Reiners Schaffen, oder »Misery« oder von mir aus auch noch einmal »The American President«, aber schauen Sie sich nicht diesen Film an. Meine Frustration und Enttäuschung gegenüber diesem Films resultiert daraus, dass Reiner immerhin noch vor 5 Jahren wusste wie man gute Filme macht. Ein liebevoll-nostalgisches Werk wie »Flipped« gab es da noch zu entdecken, das zwar seicht, aber warmherzig erzählt war. »Being Charlie« lässt einen von Beginn an dagegen sprachlos. Es ist wirklich ein peinlicher Film, zu dem mir wirklich nichts mehr einfällt, außer zu behaupten, dass irgendjemand bitte Rob Reiner endlich in die Rente schicken soll. Der Film funktioniert schlichtweg nicht. Was ist das überhaupt für ein Film, in dem ein Disney-Boy (Nick Robinson), der genauso fein und sauber aussieht wie man es von Disney erwarten würde, einen Problemjungen spielt, einen Drogensüchtigen, der im Clinch mit seinen Eltern steht. Das kann doch nur ein Scherz sein? Insbesondere, wennn bis zur 70. Spielfilmminute überhaupt keine "gefährlichen" Drogen präsent sind, von denen dieser Film erzählen will. Dieser Film ist harmloser Kinderkram, weit von irgendeiner Realität entfernt - mit einer dumpfen Dramaturgie, die vollkommen hölzern das umzusetzen versucht, wovon all diese Drehbuchseminare handeln. Das ist ein Film, der schlichtweg nur auf dem Papier existiert, der wirklich keine Wirklichkeit, nicht ein Funken von Wahrhaftigkeit enthält. Das macht ihn so erschreckend. Das letzte Drittel, das dann den Umschwung bringen soll, das heißt ganz düster, dunkel und ernst soll es plötzlich sein, dass man die Hand vor Augen nicht sieht und man etwas sieht, ist es ein schlichtweg hingerotztes Klischee, das sich den einfachsten Weg denkt, Drogensucht zu thematisieren (und zur Stärkung der Moral muss dann auch mal der Konzentrationslager-Witze reißende Freund das Zeitliche segnen - was kein Verlust ist, damit man sieht, dass Drogen nicht gut sind). Der Film erzählt nichts essentielles, seine Bemühungen von der Selbstfindung eines jungen Mannes zu erzählen, der sich mit der Welt versöhnen muss, laufen ins Leere. Ich will nicht mehr über diesen Film schreiben, der in sich zusammenbricht, nur in einer seichten Blase zu existieren scheint, der weder Komödie noch sonstirgendetwas ist und schon gar nichts davon gut ist. Dieser Film ist einfach leer, von einem Regisseur, der nicht mehr Figuren noch Zeit versteht, dem das alles irgendwie zu viel ist. Bitte meiden. Ich meine es nur gut.



                                                                 DeDavid
                                                                    

                                                      
                                            #1.  Miss Peregrine's Home for Peculiar Children
                                                        (R: Tim Burton / USA 2016)

Ich habe 2016 sehr viele furchtbare Filme gesehen. Dazu zählen unter anderem welche von Uwe Boll (Surprise...), Zack Snyder, Umberto Lenzi, Til Schweiger, Ron Howard, Michael Bay etc. usw. Ich kenne doch meine Pappenheimer und sollte möglicherweise mal über meine Sehgewohnheiten nachdenken: Vorsatz für 2017. Jedenfalls gehört Tim Burtons neuestes Werk keinesfalls zu den grässlichsten Erfahrungen, nicht mal annähernd. Aber hier geht es gezielt um die größte Enttäuschung, zu der es vorab natürlich eine gewisse Erwartungshaltung gegeben haben muss. Und eben die war bei mir immens groß, nachdem das Projekt, eine Jugendbuchadaption, schon seit einigen Jahren geplant war und lediglich das Erscheinungsdatum fortwährend verschoben wurde. Nun hat Burton in der Zwischenzeit mit »Frankenweenie« und »Big Eyes« zwei sehr schöne Filme gedreht, die für so manche durchschnittliche Arbeit (I'm looking at you, Alice and Barnabas Collins) der jüngsten Zeit entschädigten. Da fühlt sich »Miss Peregrine's Home for Peculiar Children« leider wie ein gewaltiger Rückschritt an. Woran mag das liegen? Burtons Stammkomponist Danny Elfman fehlt bedauerlicherweise, Eva Green ist wohl nun endgültig seine neue Muse und das Drehbuch stammt von der Kick-Ass-Autorin. Besonders letzteres dürfte hauptverantwortlich sein für das ernüchternde Resultat. Das Zeitschleifengeschwurbel ist einfach extrem enervierend und lenkt einfach von den gar nicht mal so uninteressanten Figuren ab. Von denen treten einfach zu viele auf, ohne dass ein bleibender Eindruck haften bleibt. Wo sind die Zwischentöne? Wo die Melancholie? Seit wann ist alles so story-driven? Ebenfalls schwer zumutbar ist das überfrachtete Finale, das nicht nur von ungefähr an die X-Men erinnert. So generisch waren viele Blockbuster im letzten Jahr, was es umso ärgerlicher macht, dass Burton nicht aus ihnen herausragt. Sollte ein Sequel kommen, dann bitte nicht von Burton. Natürlich nur, damit er sich besseren Stoffen widmen kann.


Cameron


#1. Magnificent Obsession
(R: Douglas Sirk / USA 1954)


Filme des Jahrgangs 2016 habe ich wenige gesehen; 9 sind es. Davon jedoch sind 5 kurze bis extrem kurze Filme oder "Videos" dabei, die 4 Spielfilme gefielen mir alle sehr gut (was auch zu erwarten war); Eastwoods "Sully", der brilliant das Trauma untersucht, das ein "Ereignis" im Sinne Badious in einem Mann hinterlässt, und die verschiedenen "Ichs", die dieser Mann gezwungenermassen konstruieren muss; dann den allseits geliebten "Toni Erdmann" (auch wenn dieser einige Schwächen hat wie der plakative Blick ins arme Rumänien);  Albert Serras "La mort de Louis XIV", bei dem der Tod mit brennendem, niemals wegdrehenden Blick unter der Lupe beobachtet wird (etwa so wie Bazin von Stroheims Filme beschrieb); und Molloy / Lawlors einfallsreicher Essai "Further Beyond".
Filme jeglichen Jahrgangs, (neu-)cinephile Kanon-Klassiker, die ich nicht so mochte, wie ich es wollte, bei denen ich entäuscht war (wenn auch in erster Linie von mir selber), gab es natürlich einige; von Mizoguchis "The Water Magician" über Hustons "Asphalt Jungle", Monteiros hoch gelobten "Recollections of a Yellow House", Germaine Dulacs "La Coquille et le Clergyman" hin zu Walsh's "High Sierra".
Sirk's Magnificent Obsession ist durchaus ein sehr guter Film; Enttäuschung gilt hier nur, weil ich unmittelbar zuvor John M. Stahls um 20 Jahre frühere erste Verfilmung dieses populär-esoterischen Buchs gesehen habe. Sirk's Version wimmelt zwar von unglaublich schönen, sinnlichen Bildern (siehe obiges). Doch die Ernsthaftigkeit, mit der hier das Ausgansmaterial behandelt wird, kommt diesem meiner Meinung nach kaum entgegen, wenngleich sie durchaus zu bewundern ist. Stahls Film bringt Humor hinein, der den Film zu einem grossen Vergnügen macht, besonders, weil dann die ernsthaften Sequenzen wie das Zwischenspiel in Europa besonders eindringlich wirken. Auch lässt dieser frühere Film den Schauspielern in langen ungebrochenen Einstellungen mehr Raum und lässt sie ausgegorener, dreidimensionaler erscheinen. Sirks Ansatz ist konträr und weniger gelungen, auch wenn sein Film ebenfalls berührt.



 

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